Zehntausende bringen europäische Städte zum Brodeln
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Proteste in Frankreich:Mehr als 130'000 Menschen auf die Strassen

Proteste gegen Staatsgewalt und Lockdowns
Zehntausende bringen europäische Städte zum Brodeln

Zehntausende Menschen haben europäische Städte am Samstag zum Brodeln gebracht. Proteste richteten sich gegen Polizeigewalt und Freiheitsbeschränkungen. Menschen scheinen ihren Frustrationen über strenge Corona-Massnahmen Luft verschaffen zu wollen.
Publiziert: 29.11.2020 um 00:35 Uhr
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Aktualisiert: 29.11.2020 um 12:27 Uhr
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Eskalationen in Paris am Samstag.
Foto: imago images

In Frankreich gingen am Samstag mehr als 130'000 Menschen auf die Strasse – wobei die Organisatoren von einer halben Million Menschen sprachen, die gegen Polizeigewalt und für Freiheitsrechte protestierten. Demonstranten errichteten Barrikaden und bewarfen die Polizei mit Steinen und Feuerwerkskörpern. Die Uniformierten setzten Blendgranaten und Tränengas ein.

Am Bastille-Platz in Paris steckten Demonstranten einen Zeitungskiosk, den Eingang eines Gebäudes der französischen Zentralbank und eine Brasserie in Brand. In der Umgebung brannten auch mehrere Autos, zahlreiche Demonstranten wurden festgenommen. Laut Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin (38) erlitten 37 Polizisten und Gendarmen Verletzungen.

Proteste gegen strengeren Polizeischutz

Die Proteste richteten sich vorab gegen ein geplantes Gesetz, mit dem die französische Regierung bestimmte Foto- oder Filmaufnahmen von Polizisten unter Strafe stellen will. Eine Gefängnisstrafe von einem Jahr oder eine Strafe von umgerechnet 49'000 Franken könnten Angeklagten drohen.

Die Veröffentlichung von Bildern von Sicherheitsbeamten im Einsatz soll unter Strafe gestellt werden, wenn diese mit dem Ziel erfolgt, die körperliche oder seelische Unversehrtheit der Polizistinnen oder Polizisten zu verletzen.

Erst diese Woche waren durch Videos zwei brutale Polizeieinsätze bekannt geworden: am Montag von einer aggressiven Räumung von Zelten von Migranten, am Donnerstag von einem Übergriff auf einen schwarzen Musikproduzenten. Viele sehen wegen des geplanten Gesetzes zudem die Pressefreiheit in Gefahr.

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Doch die Zehntausenden schienen auch angestauten Frustrationen Luft machen zu wollen. In Frankreich gelten trotz Lockerungen am Samstag weiterhin strenge Corona-Massnahmen. Man darf nur aus triftigen Gründen und mit ausgefüllter Bescheinigung nach draussen.

Kein Erbarmen der britischen Polizei

Auch in London spielten sich wüste Szenen ab. Es kam zu Zusammenstössen und Rangeleien mit der Polizei. Mehr als 60 Demonstranten wurden festgenommen, unter anderem weil sie gegen die Auflagen zum Schutz vor einer Corona-Ansteckung verstiessen, wie die Polizei mitteilte.

Tausende Demonstranten waren in der britischen Hauptstadt aus Protest gegen die Beschränkungen auf die Strasse gegangen, die laut dem britischen Premier Boris Johnson (56) je nach Gebiet noch bis Ostern dauern könnten. Am Dienstag endet zwar ein vierwöchiger zweiter Lockdown für die meisten Briten, für Millionen Menschen in Risikogebieten bleiben die Beschränkungen zwar bestehen.

Wie in Frankreich sollen Menschen auch in Grossbritannien ihr Zuhause nur aus triftigen Gründen wie Arbeit, Einkauf oder der Pflege Angehöriger verlassen. «Stop Controlling Us» («Hört auf, uns zu kontrollieren») oder «No More Lockdowns» («Keine Lockdowns mehr») war auf Plakaten der Demonstranten zu lesen.

Deutsche und Polen demonstrieren gegen Corona-Politik

Rund 1500 Menschen aus Deutschland und Polen haben am Samstag in Frankfurt (Oder) gegen Corona-Beschränkungen demonstriert. Zu der Kundgebung hatte die Duisburger Initiative «Querdenken» aufgerufen.

Auf Deutsch und Polnisch wurde «Frieden» und «Freiheit» gerufen. Von polnischer Seite kamen Hunderte Menschen auf die deutsche Seite, einige schwenkten polnische Fahnen.

Veranstalter und Polizei riefen mehrfach dazu auf, den Mindestabstand einzuhalten und Masken zu tragen. Doch viele der «Querdenker» hielten sich nicht daran. Zu einer Gegendemonstration kamen laut Polizei rund 150 Menschen. Dazu hatte das Bündnis «Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)» unter dem Motto «Maskenball statt Corona-Leugner*innen!» aufgerufen. (kes/SDA)

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