Bei der fünften Wahl innerhalb von zwei Jahren hat die GERB-SDS des früheren Ministerpräsidenten Boiko Borissow vorläufig rund 26,5 Prozent der Stimmen erhalten, wie die Zentrale Wahlkommission (ZIK) am Montag mitteilte.
Der ebenso prowestliche liberal-konservative Block PP-DB von Ex-Regierungschef Kiril Petkow landete mit einem kleinen Abstand nach vorläufigen Zahlen mit 24,9 Prozent auf dem zweiten Platz.
Beide Lager sind sich einig über die Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland. Sie befürworten auch Waffenlieferungen aus dem einstigen Ostblockland für Kiew.
Der Ukraine-Krieg, der nur wenige Hundert Kilometer von Bulgarien entfernt tobt, hat die politische Landschaft in dem südöstlichen EU-Land offensichtlich umgewälzt. Die extrem nationalistische prorussische Partei Wasraschdane (Wiedergeburt) konnte dank der historisch bedingten und in dem Balkanland weit verbreiteten russlandfreundlichen Stimmung an Wählerstimmen zulegen. Sie punktete zudem mit ihrer Rhetorik gegen die Europäische Union und die Euro-Einführung, gegen die Nato und den USA.
Mit vorläufig rund 14,4 Prozent dürfte Wasraschdane erstmals bei Wahlen in Bulgarien als drittstärkste politische Kraft abschneiden. Die russlandfreundlichen Sozialisten haben dagegen leicht an Wählerstimmen verloren. Sie dürften trotzdem wieder als fünftstärkste Partei mit 8,9 Prozent ins Parlament einziehen.
Der Wahlausgang mit unklaren Mehrheitsverhältnissen deutet erneut auf eine schwierige Regierungsbildung hin. GERB-Chef Borissow und auch der PP-Co-Vorsitzende Petkow wollten offensichtlich die vorläufigen Endergebnisse abwarten, um sich zu ihren Plänen im neu gewählten Parlament zu äussern.
Vor dem Hintergrund der gegenseitigen Beleidigungen und Korruptionsvorwürfe zwischen beiden Lagern hatte Borissow zum Abschluss des Wahlkampfs darauf bestanden, dass angesichts des Ukraine-Kriegs eine Regierung aus den beiden stärksten politischen Kräften am besten für Bulgarien wäre.
Doch der als Reformblock auftretende PP-DB hatte bislang jegliche Koalition mit GERB-SDS abgelehnt, solange Borissow Parteichef bleibe. Borissow und seiner Partei wurde bis zur Abwahl 2021 immer wieder «korrupte Amtsführung» vorgeworfen. Es war vorerst noch offen, ob die Bedrohung durch Russland im Ukraine-Krieg beide prowestliche Lager doch zu einer Form der Zusammenarbeit bringen könnte, um Instabilität zu vermeiden.
Der Aufschwung der prorussischen Wasraschdane dürfte wieder einmal die Frage über Bulgariens aussenpolitische Orientierung aufwerfen. «Bulgarien droht eine Rückkehr in die russische Einflusssphäre», warnte der Politologe Dejan Kjuranow am Montag in einem Interview des Staatsradios in Sofia. Er rief beide prowestliche Lager zum «staatsmännischen Denken» und «einem guten Kompromiss» auf. Soziologen schlossen allerdings ein pessimistisches Szenario einer weiteren Neuwahl nicht aus.
(SDA)