Seit 12 Uhr am Samstagmittag sei Bachmut vollständig in russischer Hand, behauptet Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin (61). In einem Video verkündet er, dass seine Söldner die seit Monaten umkämpfte Stadt nun vollständig eingenommen hätten. Und zwar nur sie, ohne die Hilfe der russischen Armee. «Hier war nur die Gruppe Wagner. Keiner war hier, um uns zu helfen.»
Die Einnahme der Stadt verkündete auch das Verteidigungsministerium in Moskau. Kremlchef Wladimir Putin sprach den Wagner-Truppen am Abend Glückwünsche aus.
Die russische Darstellung wird vom Verteidigungsministerium der Ukraine bestritten. Obwohl die Lage in der Stadt «kritisch» sei, kontrollierten ukrainische Soldaten bestimmte Gebiete. Die stellvertretende Verteidigungsministerin sagte, dass ukrainische Soldaten immer noch in bestimmten Industrie- und Infrastrukturanlagen in der südwestlichen Ecke von Bachmut Stellung hielten.
Schon zuvor mit Abzug gedroht
Die Botschaft von Prigoschin diene nur dazu, seinen baldigen Abzug aus Bachmut zu rechtfertigen, sagt Serhij Tscherewati, Sprecher des für die Ostukraine zuständigen Führungsstabs der ukrainischen Streitkräfte. Prigoschin hatte schon zuvor mit einem Abzug zum 25. Mai gedroht.
Prigoschin wolle seine Söldner aus der zerstörten Stadt abziehen, da diese möglicherweise bald durch die Flankenangriffe der ukrainischen Kämpfer umzingelt sei, sagte Tscherewati gegenüber «Free Radio». Tscherewati sagt gar, die Wagner-Gruppe sei kurz vor ihrem Zerfall.
«Er rennt weg, mit eingezogenem Schwanz»
Über Prigoschin sagt er: «Er sagt, dass er seine Truppen abziehen wird. Er rennt weg, mit eingezogenem Schwanz, weil er seine besten Leute verloren hat. Tatsächlich ist seine Wagner-Gruppe kaputt.»
Auch der Kommandant der ukrainischen Bodentruppen, General Oleksandr Sirski (57), sagte, die Schlacht um Bachmut sei noch nicht vorbei. «Es wird weiterhin um jeden Meter Territorium gekämpft.» Am Samstagnachmittag veröffentlichte er ein Video, das gemäss seinen Aussagen nach in der Stadt operierende ukrainische Spezialeinheiten zeigte.
Russen wollen ukrainische Moral untergraben
Gemäss der stellvertretenden Verteidigungsministerin Hanna Maliar sei dies nicht die einzige Desinformation, die von Russland gestreut werde. Es gehe das Gerücht um, dass der Oberbefehlshaber der ukrainischen Truppen, Waleri Saluschni, verschwunden sei. Das sei Humbug. «Er ist immer noch hier, er macht seine Arbeit. Ich habe eben gerade mit ihm gesprochen.»
Diese Kampagne sei ein klassisches Beispiel für eine Informationsstrategie, die darauf abzielt, die ukrainischen Truppen zu demoralisieren. «Der Zeitpunkt ist klar: Die Spannungen in Bachmut sind auf ihrem Höhepunkt, und die Demoralisierung auch nur einer Handvoll unserer Soldaten würde es ihnen leichter machen. Das ist auch der Grund, warum sie all diese voreiligen Berichte über die ‹Einnahme› von Bachmut verbreiten.» (neo)