Nach einer jüngsten Umfrage unter Tory-Mitgliedern könnte der umstrittene Politiker mehr als 70 Prozent der Stimmen bekommen. Seinem Konkurrenten, Aussenminister Jeremy Hunt, werden nur geringe Chancen eingeräumt.
Zwar sei die Befragung mit Unsicherheiten behaftet, doch andere Umfragen seien zu ähnlichen Ergebnissen gekommen, heisst es auf der konservativen Webseite «Conservative Home;. Dies weise darauf hin, dass «Johnson mit überwältigender Mehrheit gewinnen wird».
Wann weiss man, wer neuer Premierminister wird?
Noch bis Montag um 17 Uhr (Ortszeit, 18 Uhr MESZ) können die 160'000 Tory-Mitglieder ihre Stimme abgeben. Das Ergebnis soll dann am Dienstag verkündet werden. Am Mittwoch wird die britische Königin Elizabeth II. den neuen Parteichef der Konservativen mit der Regierungsbildung beauftragen.
Minister planen Rücktritte
Dabei ist Johnson, Ex-Aussenminister und frühere Londoner Bürgermeister, sehr umstritten. So etwa erklärte am Montag der proeuropäische Aussenstaatssekretär Alan Duncan seinen Rücktritt. «Im Vorgriff auf den Wechsel am Mittwoch» lege er sein Amt nieder, erklärte er in seinem Rücktrittsgesuch an die scheidende Regierungschefin.
«Es ist tragisch, dass wir genau in dem Moment, da wir die dominierende intellektuelle und politische Kraft in Europa und darüber hinaus sein könnten, jeden Tag unter der dunklen Wolke des Brexit arbeiten müssen», erklärte Duncan.
Am Wochenende hatten bereits Finanzminister Philip Hammond und Justizminister David Gauke ihren Rücktritt für den Fall von Johnsons Sieg bei der parteiinternen Wahl angekündigt.
Regierung kann rasch kippen
Der neue Premierminister dürfte es jedoch wie May sehr schwer haben: Die Regierung verfügt nur über eine Mehrheit von drei Stimmen. Der Premier-Wechsel kommt zudem mitten im Konflikt mit dem Iran, der einen britischen Tanker in der Strasse von Hormus festsetzte. Der Sender BBC sprach schon vom ersten «diplomatischen Test» für Johnson.
Britische Medien gehen davon aus, dass Johnson im Falle seines Wahlsiegs viele Regierungsposten neu besetzen wird. Zeitungen spekulierten etwa über ein Comeback des früheren Brexit-Ministers Dominic Raab, der das Justizministerium übernehmen könnte.
Angeblich plant Johnson dem «Telegraph» zufolge auch, Ex-Brexit-Minister David Davis zu reaktivieren und ihn zum Finanz- oder Aussenminister zu machen. Kritiker halten Davis für inkompetent und faul.
Deal or No-Deal: Grossbritannien soll aus der EU raus
Johnson jedenfalls will Grossbritannien an Halloween, am 31. Oktober, aus der Europäischen Union führen, «komme, was wolle». Dabei droht er Brüssel auch mit einem Austritt ohne Abkommen - das hätte erhebliche negative Folgen für die Wirtschaft und andere Lebensbereiche.
Am Montag zeigte er sich jedoch zuversichtlich: «Vor 50 Jahren sind sie zum Mond geflogen. Sicher schaffen wir es heute, die logistischen Probleme an der irischen Grenze zu lösen», schrieb er in seiner wöchentlichen Kolumne für die Zeitung «The Daily Telegraph».
Wie geht es mit dem Brexit weiter?
Die Frage der künftigen Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und der britischen Provinz Nordirland ist einer der Hauptstreitpunkte im Ringen um den Brexit. Denn die Wiedereinführung von Grenzkontrollen bei einem Brexit ohne Abkommen könnte den alten Konflikt zwischen katholischen Befürwortern einer Vereinigung Irlands und protestantischen Loyalisten wieder schüren.
Bereits am Dienstag könnte Mays Nachfolger in einer ersten Rede Details seiner Brexit-Pläne darlegen. Die Briten hatten sich vor drei Jahren, am 23. Juni 2016, in einem Referendum mit knapper Mehrheit für den EU-Austritt ausgesprochen. (SDA)
Das Verfahren, in dem die britischen Konservativen ihren neuen Parteichef auswählen, sieht mehrere Etappen vor: Von den ursprünglich zehn Bewerbern sollen am Donnerstag nur noch zwei übrig sein, unter denen dann die 160'000 Parteimitglieder über den neuen Vorsitzenden und Regierungschef entscheiden.
Für die Bewerber bedeutet das Verfahren, dass der Machtkampf in aller Öffentlichkeit ausgetragen wird und jeder die Zahl seiner Unterstützer vorgeführt bekommt. Ein Überblick über den Zeitplan:
- 18. Juni:
An diesem Dienstag steht der zweite Wahlgang unter den 313 konservativen Abgeordneten des Unterhauses an. Inzwischen sind nur noch sechs Bewerber im Rennen. Jeder Kandidat muss mindestens 33 Stimmen bekommen, um weitermachen zu können. Gelingt dies allen, fällt derjenige mit der geringsten Zustimmung raus. Dann sind es nur noch fünf. - 19. Juni:
Schon am Mittwoch folgt dann die dritte Abstimmung. Es bleiben allenfalls vier. - 20. Juni:
Für Donnerstag sind die vierte und die fünfte Runde geplant. Damit soll das Bewerberfeld dann auf zwei reduziert sein. Sie müssen sich dann auf den Wahlkampf bei den Parteimitgliedern einstellen, der am 22. Juni offiziell beginnt. - 28. Juni:
Die zurückgetretene Parteichefin Theresa May nimmt in ihrer Funktion als amtierende Premierministerin am G20-Gipfel in Osaka teil. - 2. Juli:
Konstituierende Sitzung des EU-Parlaments. Ausgerechnet die britische Brexit-Partei stellt mit 29 Mandaten die grösste Gruppierung einer einzelnen Partei.
- 23. Juli:
Vermutlich Verkündung des Ergebnis der brieflichen Abstimmung von rund 160'000 Parteimitglieder: Jetzt weiss man, wer die Tories und Grossbritannien vn nun an anführen wird.
- 25. August:
Im südfranzösischen Biarritz, beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten, wird der neue britische Premier seinen ersten grossen Auftritt auf internationalem Parkett haben. - 17. Oktober:
Am EU-Gipfel in Brüssel dürfte der neue britische Regierungschef teilnehmen, wenn der Brexit bis dahin weiter nicht vollzogen ist. - 31. Oktober:
Grossbritannien verlässt die EU - sofern bis dahin nicht eine weitere Verschiebung beschlossen ist.
Das Verfahren, in dem die britischen Konservativen ihren neuen Parteichef auswählen, sieht mehrere Etappen vor: Von den ursprünglich zehn Bewerbern sollen am Donnerstag nur noch zwei übrig sein, unter denen dann die 160'000 Parteimitglieder über den neuen Vorsitzenden und Regierungschef entscheiden.
Für die Bewerber bedeutet das Verfahren, dass der Machtkampf in aller Öffentlichkeit ausgetragen wird und jeder die Zahl seiner Unterstützer vorgeführt bekommt. Ein Überblick über den Zeitplan:
- 18. Juni:
An diesem Dienstag steht der zweite Wahlgang unter den 313 konservativen Abgeordneten des Unterhauses an. Inzwischen sind nur noch sechs Bewerber im Rennen. Jeder Kandidat muss mindestens 33 Stimmen bekommen, um weitermachen zu können. Gelingt dies allen, fällt derjenige mit der geringsten Zustimmung raus. Dann sind es nur noch fünf. - 19. Juni:
Schon am Mittwoch folgt dann die dritte Abstimmung. Es bleiben allenfalls vier. - 20. Juni:
Für Donnerstag sind die vierte und die fünfte Runde geplant. Damit soll das Bewerberfeld dann auf zwei reduziert sein. Sie müssen sich dann auf den Wahlkampf bei den Parteimitgliedern einstellen, der am 22. Juni offiziell beginnt. - 28. Juni:
Die zurückgetretene Parteichefin Theresa May nimmt in ihrer Funktion als amtierende Premierministerin am G20-Gipfel in Osaka teil. - 2. Juli:
Konstituierende Sitzung des EU-Parlaments. Ausgerechnet die britische Brexit-Partei stellt mit 29 Mandaten die grösste Gruppierung einer einzelnen Partei.
- 23. Juli:
Vermutlich Verkündung des Ergebnis der brieflichen Abstimmung von rund 160'000 Parteimitglieder: Jetzt weiss man, wer die Tories und Grossbritannien vn nun an anführen wird.
- 25. August:
Im südfranzösischen Biarritz, beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten, wird der neue britische Premier seinen ersten grossen Auftritt auf internationalem Parkett haben. - 17. Oktober:
Am EU-Gipfel in Brüssel dürfte der neue britische Regierungschef teilnehmen, wenn der Brexit bis dahin weiter nicht vollzogen ist. - 31. Oktober:
Grossbritannien verlässt die EU - sofern bis dahin nicht eine weitere Verschiebung beschlossen ist.
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.