Für einen gewissen Basisverbrauch an Strom soll nach dem Willen der Ampel-Koalition künftig ein vergünstigter Preis gelten. Für einen zusätzlichen Verbrauch darüber hinaus wäre der Preis nicht begrenzt. Das geht aus dem Beschlusspapier des Koalitionsausschusses von SPD, Grünen und FDP hervor, das am Sonntag in Berlin veröffentlicht wurde.
Rentnerinnen und Rentner sollen zum 1. Dezember eine einmalige Energiepreispauschale von 300 Euro erhalten. Studierende und Auszubildende sollen einmalig 200 Euro erhalten. Für Berufstätige war bereits eine Energiepreispauschale von 300 Euro auf den Weg gebracht worden.
Die Ampel-Koalition will zudem ein neues bundesweit gültiges Nahverkehrsticket schaffen. Ziel sei eine Preisspanne zwischen 49 und 69 Euro im Monat. Das dritte Entlastungspaket der Ampel-Koalition soll ein Gesamtvolumen von mehr als 65 Milliarden Euro haben.
Mehr Geld für Bedürftige und Familien
Mit der geplanten Einführung des Bürgergelds Anfang kommenden Jahres wollen SPD, Grüne und FDP die Regelsätze für Bedürftige auf rund 500 Euro erhöhen. Heute erhalten Alleinstehende in der Grundsicherung 449 Euro pro Monat.
Die Ampelkoalition will auch Familien spürbar entlasten. So soll das Kindergeld deutlich steigen. Es soll zum Jahresbeginn um 18 Euro monatlich für das erste und zweite Kind steigen.
«Sehr gutes Ergebnis»
«Es ist vollbracht. Sehr gutes Ergebnis», twitterte Justizminister Marco Buschmann (FDP) um 6.13 Uhr. Begonnen hatten die Verhandlungen 18 Stunden zuvor. Es ist bereits das dritte Massnahmenpaket, mit dem die drastischen Preissteigerungen – vor allem im Energiebereich – im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ausgeglichen werden sollen.
An den Verhandlungen nahmen neben Scholz, Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner mehrere weitere Minister sowie die Spitzen der drei Bundestagsfraktionen und Parteien teil. Die Koalitionäre hatten die Erwartungen vor der Entscheidung selbst hochgeschraubt. So hatten Lindner und SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich ein «wuchtiges Paket» in Aussicht gestellt.
Scholz hatte bei einer Kabinettsklausur Mitte der Woche ein «möglichst massgeschneidertes, möglichst effizientes, möglichst zielgenaues Entlastungspaket» angekündigt. «Wir arbeiten am grossen Bauwerk, und die Architektur dieses Bauwerks hängt eben von allen Einzelteilen ab, die aber nur zusammen eine gute Konstruktion ergeben», hatte Scholz bei der Klausur in Meseberg gesagt.
Dort hatte er auch prognostiziert, dass es ohne eine Nachtsitzung zu einer Einigung kommen werde. «Es wird wohl wieder klappen», sagte er. In ihren Koalitionsverhandlungen im vergangenen Herbst waren die Ampel-Parteien noch ohne Verhandlungen über Nacht ausgekommen. Doch schon beim ersten Entlastungspaket im März war eine Nachtsitzung nötig. Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) twitterte am Sonntagmorgen: «Schlaf wird überbewertet...»
Gewerkschaften und AfD wollen Menschen zu Protesten aufrufen
Mit den ersten beiden ersten Paketen wurde bereits der Strompreiszuschlag zur Förderung erneuerbarer Energien (EEG-Umlage) abgeschafft, es gab eine Energiepauschale von 300 Euro für alle Beschäftigten und eine Einmalzahlung von 100 bis 200 Euro für alle Arbeitslosen. Das Kindergeld wurde einmalig um 100 Euro pro Kind aufgestockt, drei Monate lang bis August wurde der Spritpreis gestützt, und es gab für die Monate Juni, Juli und August das 9-Euro-Ticket.
Gewerkschaften, Linke und AfD wollen nach eigenen Angaben unzufriedene Menschen möglicherweise zu Protesten im Herbst aufrufen. Der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Es geht um nicht weniger als die Frage, ob es gelingt, die Bürgerinnen und Bürger wirksam und nachvollziehbar zu entlasten, oder ob die wachsende Unsicherheit zu einem Bruch des gesellschaftlichen Zusammenhalts führt.» (SDA)