Kaum hat US-Präsident Donald Trump (71) den Ausstieg aus dem Atomabkommen verkündet, meldete sich der iranische Präsident Hassan Rohani (69) zu Wort. Der Iran habe vor, das Abkommen weiter einzuhalten – auch ohne die USA.
Doch in seiner Rede äusserte er auch scharfe Worte. «Wir lassen nicht zu, dass Trump diesen psychologischen Krieg gewinnt», sagte Rohani, gefolgt von einer verhaltenen Drohung: Sollte der Deal mit Europa, Russland und China nicht aufrechterhalten werden können, würde der Iran angereichertes Uran im grossen Stil produzieren.
Da drängt sich die Frage auf: Wie lange würde der Iran brauchen, bis er eine Atombombe bauen könnte?
Iran ist weit hinter Nordkorea
Experten zufolge dauert es knapp ein Jahr, bis das Land die Produktions-Infrastruktur wieder in Gang bringen und genügend Uran für eine Bombe produzieren kann. «Damit ist der Iran mehr als 10 Jahre hinter Nordkorea, das 2006 die erste Atombombe detonieren liess», sagt der Geschichtsprofessor Bryan Gibson zu «Quartz».
Das wäre erst der erste Schritt auf dem Weg zur Bombe, wie David Albright vom «Institute for Science and International Security» in der «New York Times» erklärt. Dann müsste man den Stoff noch zu einer Waffe weiterentwickeln.
Gestohlene iranische Dokumente, die Israels Präsident Benjamin Netanjahu letzte Woche präsentierte, legen nahe, dass die Iraner beim Design von Sprengköpfen Fortschritte gemacht haben. Aber ob sie wissen, wie man die Atombomben produziert oder ob iranische Raketen die Sprengköpfe transportieren können, ist unklar.
Tausende Zentrifugen ausser Betrieb genommen
Nachdem das Abkommen 2015 abgeschlossen wurde, musste der Iran 14'000 der Zentrifugen, die zur Uran-Produktion nötig sind, ausser Betrieb nehmen. Übrig sind noch 5000, und diese sind streng überwacht. Sie können nur sehr schwach angereichertes Uran herstellen, das unter anderem für Atomkraftwerke gebraucht wird. Die Forschung an besseren Zentrifugen wurde wegen des Deals ebenfalls eingestellt.
Damals musste der Iran rund 10'000 Kilogramm leicht angereichertes Uran loswerden. Das letzte Mal, als die Inspektoren einen detaillierten Bericht verfassten, legten sie nahe, dass der Iran lediglich 110 Kilogramm Uran besitze. Das ist zu wenig für eine einzige Atombombe.
Freilich besteht auch die Möglichkeit, dass der Iran das Uran von einer anderen Atommacht kauft. Wenn das geschieht und die Tausenden Zentrifugen wieder in Betrieb genommen werden, bräuchte der Iran Schätzungen zufolge drei Monate, um genügend Uran für eine Atombombe anzureichern. (rey)
1. Was steht im Atom-Deal?
Der Iran ist verpflichtet, Atomanlagen zu Forschungszentren umzubauen, damit keine Produkte für Atomwaffen mehr hergestellt werden können. Die Internationale Atomenergiebehörde erhält Zugang zu allen Atomanlagen, auch zu Kraftwerken und – bei Verdacht – zu Militäranlagen. Dafür sollen Wirtschaftssanktionen sowie Uno-Verbote zum Handel mit Waffen in den nächsten Jahren auslaufen.
2. Warum lässt Trump den Deal platzen?
Trump ist der Vertrag zu lasch. Er bezeichnet es als «schrecklichen Fehler», dass der Iran ab 2025 wieder Uran in grösseren Mengen anreichern dürfte. Seine Forderungen: Der Iran dürfe sein Nuklearprogramm auch unter der Schwelle der Waffenfähigkeit nicht ausweiten und müsse internationalen Inspektoren uneingeschränkten Zugang gewähren. Trumps besonderes Ärgernis: Irans Aufrüstung der ballistischen Raketen sowie die kriegerische Expansion in der Region sind im Vertrag kein Thema.
3. Hält sich der Iran an den Vertrag?
Laut der Internationalen Atombehörde in Wien ja.
4. Wie wichtig ist der Deal für den Iran?
Ohne Deal würde das Land erneut isoliert. Die Reformer unter Präsident Hassan Rohani (69) stehen hinter ihm. Anders die Hardliner: Sie sagen, das Abkommen bringe dem Land wirtschaftlich nichts.
5. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat ein Ausstieg der USA?
Der Deal steht bisher nur auf dem Papier, noch immer gelten Sanktionen gegen den Iran. Kurzfristig hätte der Deal daher keine sehr grossen Auswirkungen, die geplante Lockerung der Strafmassnahmen wären aber vom Tisch.
6. Was für Konsequenzen hat der Ausstieg innenpolitisch?
Der Deal war ein Erfolg der iranischen Reformer unter Präsident Rohani. Er sollte das Land dank Wirtschaftsreformen in die Moderne führen. Ein Ausstieg gäbe den Konservativen Auftrieb, Rohani geriete massiv ins Wanken. Irans Kurs nach Westen würde gestoppt.
7. Wie sähe das Worst-Case-Szenario aus?
Wenn der Iran auch aus andern Atombehörden und -verträgen austreten würde, dürfte das Land ohne internationale Aufsicht nach Belieben Uran anreichern. Eine Atombombe würde so in Griffnähe rücken. Wenn wieder religiöse Fanatiker an die Macht kämen, könnte dies sehr gefährlich werden!
8. Was sagen die andern Vertragsparteien?
Der Vertrag wurde 2015 von den USA, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Russland, China und dem Iran unterzeichnet. Um die Stabilität im Nahen Osten zu sichern, wollen die europäischen Länder daran festhalten. Dies bekräftigte die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini am Dienstagabend in Rom.
Frankreich, Deutschland und Grosbritannien bedauern Trumps Entscheid. Dies teilte der französische Präsident Emmanuel Macron am Dienstagabend auf Twitter mit.
9. Wie kam der Iran zu seinem Atomprogramm?
Es waren ausgerechnet die Amerikaner, die den Grundstein dazu legten. 1959 schenkte US-Präsident Dwight D. Eisenhower (†78) der Universität Teheran einen Forschungsreaktor. Es folgten Atom-Investitionen unter anderem der Deutschen und Franzosen. Nach der islamischen Revolution 1979 wurde die Atomenergie vorübergehend als «unislamisch» erklärt, das Programm aber bald wieder aufgenommen.
10. Was hat die Schweiz mit dem Deal zu tun?
Sie ist zwar keine Vertragspartei, hat aber massgeblich zum Abschluss des Deals von 2015 beigetragen. Die Schweiz hat vor knapp zehn Jahren das erste offizielle Treffen zwischen hohen Beamten aus dem Iran und den USA in Genf ermöglicht und auch später während der Gespräche vermittelt. (gf)
1. Was steht im Atom-Deal?
Der Iran ist verpflichtet, Atomanlagen zu Forschungszentren umzubauen, damit keine Produkte für Atomwaffen mehr hergestellt werden können. Die Internationale Atomenergiebehörde erhält Zugang zu allen Atomanlagen, auch zu Kraftwerken und – bei Verdacht – zu Militäranlagen. Dafür sollen Wirtschaftssanktionen sowie Uno-Verbote zum Handel mit Waffen in den nächsten Jahren auslaufen.
2. Warum lässt Trump den Deal platzen?
Trump ist der Vertrag zu lasch. Er bezeichnet es als «schrecklichen Fehler», dass der Iran ab 2025 wieder Uran in grösseren Mengen anreichern dürfte. Seine Forderungen: Der Iran dürfe sein Nuklearprogramm auch unter der Schwelle der Waffenfähigkeit nicht ausweiten und müsse internationalen Inspektoren uneingeschränkten Zugang gewähren. Trumps besonderes Ärgernis: Irans Aufrüstung der ballistischen Raketen sowie die kriegerische Expansion in der Region sind im Vertrag kein Thema.
3. Hält sich der Iran an den Vertrag?
Laut der Internationalen Atombehörde in Wien ja.
4. Wie wichtig ist der Deal für den Iran?
Ohne Deal würde das Land erneut isoliert. Die Reformer unter Präsident Hassan Rohani (69) stehen hinter ihm. Anders die Hardliner: Sie sagen, das Abkommen bringe dem Land wirtschaftlich nichts.
5. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat ein Ausstieg der USA?
Der Deal steht bisher nur auf dem Papier, noch immer gelten Sanktionen gegen den Iran. Kurzfristig hätte der Deal daher keine sehr grossen Auswirkungen, die geplante Lockerung der Strafmassnahmen wären aber vom Tisch.
6. Was für Konsequenzen hat der Ausstieg innenpolitisch?
Der Deal war ein Erfolg der iranischen Reformer unter Präsident Rohani. Er sollte das Land dank Wirtschaftsreformen in die Moderne führen. Ein Ausstieg gäbe den Konservativen Auftrieb, Rohani geriete massiv ins Wanken. Irans Kurs nach Westen würde gestoppt.
7. Wie sähe das Worst-Case-Szenario aus?
Wenn der Iran auch aus andern Atombehörden und -verträgen austreten würde, dürfte das Land ohne internationale Aufsicht nach Belieben Uran anreichern. Eine Atombombe würde so in Griffnähe rücken. Wenn wieder religiöse Fanatiker an die Macht kämen, könnte dies sehr gefährlich werden!
8. Was sagen die andern Vertragsparteien?
Der Vertrag wurde 2015 von den USA, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Russland, China und dem Iran unterzeichnet. Um die Stabilität im Nahen Osten zu sichern, wollen die europäischen Länder daran festhalten. Dies bekräftigte die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini am Dienstagabend in Rom.
Frankreich, Deutschland und Grosbritannien bedauern Trumps Entscheid. Dies teilte der französische Präsident Emmanuel Macron am Dienstagabend auf Twitter mit.
9. Wie kam der Iran zu seinem Atomprogramm?
Es waren ausgerechnet die Amerikaner, die den Grundstein dazu legten. 1959 schenkte US-Präsident Dwight D. Eisenhower (†78) der Universität Teheran einen Forschungsreaktor. Es folgten Atom-Investitionen unter anderem der Deutschen und Franzosen. Nach der islamischen Revolution 1979 wurde die Atomenergie vorübergehend als «unislamisch» erklärt, das Programm aber bald wieder aufgenommen.
10. Was hat die Schweiz mit dem Deal zu tun?
Sie ist zwar keine Vertragspartei, hat aber massgeblich zum Abschluss des Deals von 2015 beigetragen. Die Schweiz hat vor knapp zehn Jahren das erste offizielle Treffen zwischen hohen Beamten aus dem Iran und den USA in Genf ermöglicht und auch später während der Gespräche vermittelt. (gf)