Haben Europas Kaderschmieden bald ausgedient? Bis vor kurzem galt: Nur wer von einer der einschlägigen privaten Eliteschulen oder Unis kam, hatte das Zeug für die Topposten in Politik und Wirtschaft. Mittlerweile kommen Zweifel auf.
Absolventen von Kaderschmieden werden zunehmend als weltfremd und selbstbezogen betrachtet. So distanziert sich Frankreich vom eigenen Bildungsadel. Staatspräsident Emmanuel Macron (41) plant die Schliessung seiner prestigereichsten Kaderschmiede, der École Nationale d'Administration (ENA) in Strassburg. Zukünftige Staatsmänner und Wirtschaftsführer sollten mehr Praxis- und Volksnähe erhalten.
Boris Johnsons Ego wurde im Jungsinternat gefördert
Abschreckendes Beispiel ist Grossbritanniens Premier. Boris Johnson (55) will den Brexit ohne Deal. Um den Widerstand zu lähmen, schickt der Tory-Chef das Parlament einfach in den Zwangsurlaub (BLICK berichtete). Konservative Politiker, die nicht gehorchen, werden kurzerhand aus der Fraktion geschmissen. Johnson besteht lautstark und trotzig auf Neuwahlen.
Für Beobachter ist das «Selbstbewusstsein» des Premiers eine Konsequenz der Ausbildung am Jungsinternat Eton College, wo Englands Elite ihre Sprösslinge hinschickt. Boris Johnson ist dann auch schon der 21. Premier, der in Eton ausgebildet wurde.
Sechs Premiers stammen aus der Pariser Kaderschmiede
Auch Frankreich hat so eine Kaderschmiede. Die ENA brachte sechs Premierminister hervor. Ehemalige Präsidenten wie Valéry Giscard d'Estaing, Jacques Chirac oder François Hollande haben an der bedeutendsten Verwaltungsschule abgeschlossen. Auch Emmanuel Macron ist ein sogenannter Enarch. Den besten zwölf bis 15 Schülern der ENA waren stets politische Schlüsselposten im Land sicher oder sie landeten in den Chefetagen der Staatskonzerne.
Mit dieser Tradition will der französische Staatschef nun brechen. Die ENA soll geschlossen werden. Damit will Emmanuel Macron jenem zornigen Volke näherkommen, das Frankreich über Monate in gelben Westen gekleidet Strassenschlachten lieferte. Denn einer Umfrage nach halten 80 Prozent der Franzosen die Eliteschule für abgehoben. Im November wird der damit beauftragte Stabschef Frédéric Thiriez (67) die ersten Reformpläne vorlegen. «Beamte werden fortan nicht mehr durch Vetternwirtschaft ausgesucht», verspricht der ehemalige Präsident der französischen Profi-Fussball-Liga.
Die École Nationale d’Administration (ENA) wurde 1945 vom damaligen Präsidenten Charles de Gaulle in Strassburg gegründet. Die Nationale Hochschule für Verwaltung bietet zukünftigen höheren Beamten eine fachübergreifende zweijährige Ausbildung. Absolventen müssen mindestens zehn Jahre im Staatsdienst arbeiten. Viele treten ihren Dienst zunächst beim Conseil d'État, beim Rechnungshof oder in französischen Ministerien an. Einige verpflichten sich für den diplomatischen Dienst oder übernehmen Führungspositionen in Staatsunternehmen. Unter den bekanntesten sogenannten Enarchen sind die ehemaligen französischen Spitzenpolitiker Valéry Giscard d'Estaing, Édouard Balladur, Jacques Chirac, François Hollande, und auch der amtierende Präsident Emmanuel Macron schloss 2004 bei der renommierten Elite-Verwaltungshochschule ab.
Die École Nationale d’Administration (ENA) wurde 1945 vom damaligen Präsidenten Charles de Gaulle in Strassburg gegründet. Die Nationale Hochschule für Verwaltung bietet zukünftigen höheren Beamten eine fachübergreifende zweijährige Ausbildung. Absolventen müssen mindestens zehn Jahre im Staatsdienst arbeiten. Viele treten ihren Dienst zunächst beim Conseil d'État, beim Rechnungshof oder in französischen Ministerien an. Einige verpflichten sich für den diplomatischen Dienst oder übernehmen Führungspositionen in Staatsunternehmen. Unter den bekanntesten sogenannten Enarchen sind die ehemaligen französischen Spitzenpolitiker Valéry Giscard d'Estaing, Édouard Balladur, Jacques Chirac, François Hollande, und auch der amtierende Präsident Emmanuel Macron schloss 2004 bei der renommierten Elite-Verwaltungshochschule ab.