Die Zahl der zweifelsfrei bestätigten Opfer belaufe sich auf 4815, teilte der Untersuchungsausschuss bei der Veröffentlichung seines Berichts am Montag in Lissabon mit. Es habe aber seit den 1950er Jahren wohl viel mehr Fälle gegeben, denn bei den 4815 handele sich um «eine absolute Mindestzahl», sagte Ausschuss-Koordinator Pedro Strecht.
Nach Angaben des angesehenen Kinderpsychiaters waren die Opfer im Schnitt 11,2 Jahre jung. 25 Missbrauchsfälle seien bereits der Staatsanwaltschaft übermittelt worden, aber einige davon seien schon verjährt, sagte der Ex-Justizminister und Ausschussangehörige Álvaro Laborinho Lúcio. Bis Ende des Monats werde man der Kirche und den Behörden eine Liste mit den Namen aller mutmasslichen Täter überreichen, die noch als Geistliche in der katholischen Kirche aktiv seien.
Der Ausschuss hatte seine Arbeit Anfang 2022 aufgenommen, nachdem Portugal von der Enthüllung vieler Missbrauchsfälle erschüttert worden war. Insgesamt seien mehr als 500 Zeugen angehört worden, sagte Strecht vor Journalisten und Kirchenvertretern. Die meisten Missbrauchsfälle hätten sich zwischen 1960 und 2000 ereignet.
Den Angaben zufolge sprach fast die Hälfte (43 Prozent) der befragten Opfer verschiedenen Alters gegenüber dem Ausschuss nach oft jahrzehntelangem Schweigen erstmals über ihr Leiden. Nur 4 Prozent der Opfer habe irgendwann Anzeige erstattet. In 27 Prozent aller Fälle habe der Missbrauch länger als ein Jahr angehalten.
In dem Bericht werden Opfer mit erschütternden Aussagen zitiert. «Als ich es meiner Mutter erzählte, glaubte sie mir nicht. Und sie sagte sogar, ich sei schuldig», sagte eine als Kind missbrauchte Frau. Ein männliches Opfer berichtete, er sei «mit dem Penis (des Priesters) zwischen den Beinen und völlig schmutzig» aufgewacht.
Der Präsident der Bischofskonferenz Portugal (CEP), Dom José Ornelas, sagte in einer ersten Reaktion, man sei «zutiefst besorgt über den Schmerz derer, die gelitten haben». Am 3. März werde man zu diesem Thema eine Sondersitzung der CEP abhalten. Man wolle nun «alle Aufmerksamkeit auf die Missbrauchsopfer richten». Finanzielle Entschädigungen von bis zu 60 000 Euro pro Opfer stehen zur Debatte, aber Opfer und deren Sprecher wiesen diese Summe empört zurück.
(SDA)