Ein 25-jähriger Marokkaner hat bei einem Attentat in Südfrankreich vier Menschen getötet und drei verletzt. Er berief sich auf die Terrororganisation IS. «Ihr bombardiert Syrien, ihr werdet sterben», hat er laut den Behörden während des Anschlags gerufen.
Der Angreifer hatte sich in einem Supermarkt in Trèbes nahe Carcassonne verschanzt. Um 14.45 wurde er erschossen, wie das Innenministerium bestätigt. Laut den Behörden heisst der Attentäter Redouane Lakdim und lebte in Carcassonne. Er sei der Polizei wegen diverser kleinerer Delikte wie Drogenhandels bekannt gewesen, sagte Innenminister Gérard Collomb. «Wir hatten ihn beobachtet und dachten, es habe keine Radikalisierung gegeben. Er ist plötzlich zur Tat geschritten, obwohl er schon überwacht wurde.»
Polizist begab sich freiwillig in Gewalt des Attentäters
Während der Geiselnahme im Supermarkt kamen zwei Menschen ums Leben. Laut der Nachrichtenseite «La Dépêche du Midi» handelt es sich bei den Todesopfern um den Metzger des Supermarkts und eine Kundin.
Ein Augenzeuge sagt aus, der Täter habe «Allahu Akbar» (Gott ist gross) gerufen, als er den Supermarkt überfiel. Er sei mit Messern, einer Schusswaffe und Handgranaten bewaffnet gewesen.
Der Polizei gelang es, das Gebäude zu evakuieren. Ein Polizist ging freiwillig in das Geschäft – als Tausch für eine Geisel. Der Beamte befand sich daraufhin allein mit dem Attentäter im Supermarkt, sagte Bürgermeister Eric Menassi dem TV-Sender BFM. Er hatte sein Handy mitgenommen und auf einem Tisch mit offener Verbindung liegen lassen. So bekamen die Kollegen mit, was sich im Innern des Gebäudes abspielte. Als plötzlich Schüsse fielen, stürmten die Beamten das Gebäude. Der Polizist überlebte schwer verletzt. Insgesamt bezifferten die Behörden die Zahl der Verletzten am Abend auf 16.
Weiteres Todesopfer in Carcassonne
Vor der Geiselnahme hatte der Attentäter in Carcassonne ein Auto überfallen und auf die beiden Insassen geschossen. Einer der beiden erlag später seinen Verletzungen.
Daraufhin – auf der Fahrt zum Supermarkt in Trèbes – eröffnete er das Feuer auf eine Gruppe Polizisten, die gerade am Joggen war. Ein Polizist wurde schwer verletzt. Die Kugel soll sein Herz nur um drei Zentimeter verfehlt haben, teilte die Polizei mit.
Die Ermittler konnten den Marokkaner anhand des Nummernschilds seines Autos identifizieren.
Schüler mussten drinnen bleiben
Aus Sicherheitsgründen war die Stadt während des Polizeieinsatzes evakuiert worden. Die Geschäfte wurden vorübergehend geschlossen. Hotels und Restaurants durften nicht verlassen werden. Auch Schüler mussten drinnen bleiben.
Die Polizei hatte den Supermarkt derweil grossräumig abgesperrt. Spezialkräfte standen im Einsatz. Mehrere Helikopter überflogen den Tatort.
Verwandte des Täters festgenommen
Wie mehrere Medien in Berufung auf Augenzeugen berichten, habe der Angreifer die Freilassung von Salah Abdeslam gefordert. Abedeslam ist einer der Attentäter der Anschläge vom November 2015 in Paris. Auch der TV-Sender BFM berichtet über die Forderung, jedoch ohne genaue Quellenangabe. Innenminister Collomb bestätigte später, dass der Attentäter «die Freilassung von Gefangenen» gefordert habe. Der IS reklamierte das Attentat im Verlauf des Nachmittags für sich.
Die Anti-Terror-Abteilung der Pariser Staatsanwaltschaft führt nun die Ermittlungen. Die Polizei hat die Mutter und die Schwester des Mannes in Gewahrsam genommen und zur Stelle der Geiselnahme gebracht.
Präsident Emmanuel Macron hat am Abend eine Krisensitzung des Sicherheitskabinettes einberufen.
Frankreich war in den vergangenen Jahren mehrfach Ziel islamistischer Anschläge. Vor allem die Attacken von Paris 2015 und Nizza 2016 erschütterten das Land schwer. Die Behörden sprechen regelmässig von einer weiterhin hohen Gefahr. (noo/man/lha/SDA)