Polizist aus Dutertes Todes-Schwadron packt aus
«Wir sind Engel, die schlechte Seelen in den Himmel schicken»

In den letzten drei Monaten wurden in den Philippinen Tausende Drogenhändler und Dealer getötet. Viele davon hinterrücks in Nacht- und Nebel-Aktionen. Offenbar kommt die Anordnung von ganz oben.
Publiziert: 04.10.2016 um 22:15 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 20:03 Uhr
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Eine gängige Praxis: Der Kopf der Leiche wird mit einem Abdeckband zugeklebt, dann wird ein Schild dazu gestellt, auf dem «Dealer» oder «Drogenbaron» steht.
Foto: Ezra Acayan

Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte führt einen brutalen Krieg gegen Junkies und Drogendealer. Dass er sie alle tot sehen möchte, daraus macht er keinen Hehl: «Hitler hat drei Millionen Juden massakriert. Nun, es gibt hier drei Millionen Drogenabhängige. Ich würde sie gerne abschlachten», sagte er kürzlich (BLICK berichtete). Seit er am 1. Juli sein Amt angetreten hat, sind auf den Philippinen über 3'600 Menschen getötet worden.

Viele davon wurden von unbekannten Attentätern getötet, ein Teil während Polizei-Operationen. Nun legt ein Bericht des «Guardian» nahe, dass der Staat an den Tötungen viel direkter beteiligt ist, als bisher angenommen. Ein hochrangiger philippinischer Polizist erzählt der britischen Zeitung, er sei Mitglied einer von der Regierung ins Leben gerufenen Tötungseinheit.

«Wir sind keine schlechten Polizisten oder Menschen. Wir sind nur ein Werkzeug», sagt der Beamte, der anonym Auskunft gibt. «Wir sind Engel, denen Gott die Begabung gegeben hat, diese schlechten Seelen zurück zum Himmel zu schicken, um sie zu reinigen». Es gehe um einen «höheren Zweck», nicht ums Töten zum Vergnügen.

Nächtliche Tötungsaktionen

Der Polizist ist nach eigenen Angaben Teil einer von zehn neu gegründeten geheimen Spezialeinheiten der Polizei, die aus je 16 Mitgliedern bestehen. Er sei kurz nach Dutertes Amtsantritt einberufen worden. Seine Einheit habe in den letzten Monat 87 Menschen «neutralisiert». Zuerst prüfe man, ob die Verdächtigen «gottesfürchtig» oder «Parasiten» sind, dann handle man entsprechend.

Die Todesschwadronen bekämen Listen mit Zielen, die es zu eliminieren gilt. Getötet würde meistens in der Nacht, die Polizisten seien ganz in Schwarz und vermummt. Die Leichen würden in der Nähe entsorgt. Oder aber man wickelt Abdeckband um ihren Kopf und bringt ein Schild an, auf dem steht: «Drogenbaron» oder «Dealer». «Wir stellen die Schilder für die Medien auf. Damit die Reporter wissen, dass sie diesen Todesfällen nicht nachgehen müssen. Es sind ja nur Drogendealer.»

Der anonyme Informant scherzt im «Guardian», dass man in diesen Tagen leicht mit einem Mord davonkommen könne: «Du kannst jemanden töten und sein Kopf in Abdeckband einwickeln, und alle werden glauben, es ist ein Drogenhändler.» Ein Blick auf die ständig aktualisierte Todes-Liste der Lokalzeitung «Inquirer» zeigt, dass solche Schilder tatsächlich eine gängige Praxis ist.

Das Volk liebt seinen Präsidenten

Von den mehr als 3600 Opfern wurden 1'375 während offiziellen Polizei-Einsätzen getötet. Für 2200 sind unbekannte Attentäter verantwortlich. Unbestätigten Gerüchten zufolge werden diese von der Regierung unterstützt.

Das harte Vorgehen wird von der Uno, dem Europäischen Parlament, Menschenrechtsorganisationen und anderen Regierungen teils heftig kritisiert. Das sieht Duterte gar nicht gern. US-Präsident Barack Obama bezeichnete er etwa als «Hurensohn», als dieser ankündigte, die Menschenrechts-Situation auf den Philippinen anzusprechen.

Dem Ansehen im eigenen Volk scheinen Dutertes Aussagen nicht zu schaden – im Gegenteil: Wie jüngste Umfragen zeigen, stehen 91 (!) Prozent seines Volkes hinter ihrem Präsidenten. (rey)

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