Plädoyer der Anklage wegen «Panne» verpasst
Kapitän Feigling war dann mal weg

Für Kapitän Francesco Schettino steht im «Costa Concordia»-Prozess viel auf dem Spiel. Offenbar scheint ihn das allerdings nicht sonderlich zu interessieren. Gestern verpasste er den Beginn des Plädoyers der Staatsanwaltschaft – angeblich wegen einer «Autopanne».
Publiziert: 23.01.2015 um 03:16 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:35 Uhr

Sich herausreden, das kann Francesco Schettino wunderbar. Erst gestern bewies der Kapitän, der mit dem Kreuzfahrtschiff «Costa Concordia» 2012 vor der italienischen Insel Giglio auf einen Felsen auflief, sein Talent für das Erfinden von billigen Ausreden von Neuem.

Viel zu spät kreuzte der 54-Jährige im Theater von Grosseto auf, wo die Gerichtsverhandlung stattfindet. Schuld sei ein «technisches Problem» gewesen, erzählte Schettino einer Gruppe von Journalisten, die im Foyer standen, im Vorbeigehen. Das Auto seines Anwalts habe eine Panne gehabt, wie blöd aber auch. Dann platzte er mitten in die Verlesung des Plädoyers der Anklage.

Diese nimmt die Havarie vor Giglio, bei der 32 Passagiere ums Leben kamen, deutlich weniger gelassen als der braungebrannte «Commandante». Schuld an der Tragödie sei eindeutig der «menschliche Faktor» gewesen, sagte Staatsanwalt Alessandro Leopizzi laut der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. «Das Kreuzfahrtschiff war kein Kahn, sondern ein Schiff mit Ausrüstung erster Güte, ein Juwel.»

Schettinos Verhalten sei «unentschuldbar und unsäglich»

Schettino sei untätig gewesen trotz des nahenden Unheils, habe keine Anweisungen gegeben oder Ratschläge erteilt. Sein Verhalten sei «unentschuldbar und unsäglich», sagte Leopizzi. Als er das Schiff nicht mehr auf dem Radar gesehen habe und die Orientierung verlor, sei er einfach nach Gefühl weitergefahren. Laut dem Staatsanwalt «ein gewaltiger Fehler an der Grenze zum Unglaublichen».

Zudem habe Schettino gelogen, als er später angab, dass ihm keine geeignete Karte zur Verfügung gestanden und er von den Felsen vor Giglio nichts gewusst hätte.

Schettino spricht von einer «Dummheit»

Deutlich weniger dramatisch die Darstellung Schettinos. Er spricht lapidar von einer «Dummheit», die zur Havarie führte. Und am liebsten vom Fehlverhalten der anderen.

Auch habe er sich nicht einfach aus dem Staub gemacht, als das Schiff unterging. «Wegen der Schwerkraft» sei er gefallen und sei dann, um nicht unterzugehen, aus der Not heraus auf ein Boot gesprungen.

Die volle Verantwortung für die Katastrophe trägt Schettino aus eigener Sicht deshalb nicht. Er sei aber bereit, «einen Teil der Verantwortung, aber nur einen Teil» zu übernehmen.

Urteil erst in ein paar Wochen

Die Staatsanwaltschaft wirft Schettino mehrfache fahrlässige Tötung und Körperverletzung vor, ausserdem Havarie, das Zurücklassen Hilfsbedürftiger und die Verweigerung der Zusammenarbeit mit den Behörden.

Morgen oder übermorgen soll das Plädoyer der Anklage beendet werden. Ein Urteil wird frühstens im kommenden Monat erwartet. (lha)

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