«Wir Deutschen, also unser Volk, wir sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.» Mit dieser Aussage hat alles begonnen. Björn Höcke (45), Politiker der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) kritisierte im Januar mit diesen Worten das Holocaust-Mahnmal in Berlin.
Jetzt hat Höcke sein ganz eigenes Holocaust-Mahnmal im 270-Seelen-Dorf Bornhagen. Das Künstler-Kollektiv Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) hat sich neben dem Politiker eingemietet und 24 Betonstelen errichtet, die an den Berliner Erinnerungsort für die ermordeten Juden in Europa erinnern. Gestern früh wurde das Denkmal vor dem Haus von «Deutschlands grösstem Hetzer» enthüllt.
Der Nachbau steht mittlerweile unter Polizeischutz – dies teilt das ZPS am Donnerstagvormittag auf Twitter mit: «Nach Neubewertung der Bedrohungslage schützt die Thüringer Polizei seit gestern Abend rund um die Uhr und in lobenswerter Weise das Mahnmal.»
Tags zuvor hätten Höcke-Unterstützer («ein rechter Mob») Journalisten und Künstler bedroht, schrieb das Kollektiv zuvor auf Facebook. Zudem sei eine Kamera, die live ins Internet überträgt, zerstört worden.
Köppel-Exorzist steckt dahinter
Geld für den Unterhalt des Denkmals erhält das Zentrum von seinen Fans. Per Crowdfunding sind innert kurzer Zeit mehr als 80'000 Euro zusammengekommen. Die jährlichen Betriebskosten würden 8400 Euro betragen.
Hinter der Aktion steht ein skandalerprobter Aktivist: Der künstlerische Leiter des Zentrums ist der deutsch-schweizerische Doppelbürger Philipp Ruch (36), der sich in der Schweiz auf den SVP-Nationalrat und «Weltwoche»-Chef Roger Köppel (52) eingeschossen hat.
Im Frühjahr 2016 führte Ruch im Zürcher Theater Neumarkt eine Art Exorzismus durch, die Schweiz solle «entköppelt» werden. Dem Theater wurden in der Folge einmalig Subventionsgelder von 50'000 Franken gestrichen.
Vor zwei Jahren veröffentlichte er im Strassenmagazin «Surprise» ein Inserat mit dem Aufruf: «Tötet Roger Köppel!» Dafür drohte Ruch ein Verfahren wegen einem öffentlichen Aufruf zur Gewalt. Die Zürcher Justiz kam aber zum Schluss, dass das Plakat klar als künstlerische Darstellung erkennbar ist. Ruch blieb straffrei.
Zehn Monate lang bespitzelt
Auch jetzt lotet das Zentrum für Politische Schönheit die rechtlichen Grenzen aus: Seit zehn Monaten sind die Aktivisten im Besitz des einzigen direkten Nachbargrundstücks von Höckes Haus – und von dort aus bespitzeln sie den AfD-Mann und sammeln belastendes Material. Da der Staat bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus versage, haben die Künstler den «Zivilgesellschaftlichen Verfassungsschutz» ins Leben gerufen.
Nun verlangt das Kollektiv von Höcke, dass er vor dem Mahnmal (dem Original oder der Kopie) auf die Knie fällt und «für die deutschen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg um Vergebung bittet» – wie einst Kanzler Willy Brandt. Wenn er sich weigere, «dann könnten wir uns gezwungen sehen zu verraten, was er am Führergeburtstag so getrieben hat», schreibt das ZPS auf seiner Facebook-Seite. (rey)