John Boehner wird Ende Oktober sein Amt als «Speaker of the House» und sein Abgeordnetenmandat niederlegen. Das teilten Parteikollegen am Freitag in Washington mit.
Der 65-jährige Boehner ist der führende Politiker der oppositionellen Republikaner und protokollarisch die hinter dem Präsidenten und dessen Vize die Nummer drei im Staat.
Republikaner mit Mehrheit
Die Republikaner verfügen im Repräsentantenhaus sowie im Senat, den beiden Kammern des US-Kongresses, über eine Mehrheit. Mit zahlreichen Initiativen machten sie Präsident Barack Obama von der Demokratischen Partei in den vergangenen Monaten das Regieren schwer.
Vertreter des erzkonservativen Flügels der Republikaner kritisierten Boehners Kurs hingegen noch als zu kompromissbereit. Sein Abgang dürfte ein intensives Gerangel um die Nachfolge auslösen.
Boehners Büro bestätigte seine Rücktrittspläne. Ein Vertrauter sagte, Boehner habe befürchtet, der anhaltende Streit um seine Person könne dem Amt des Vorsitzenden des Repräsentantenhauses «irreparable Schäden» zufügen. Dies habe er verhindern wollen.
Triumphaler Sieg
Boehners politische Karriere begann in den 80er Jahren im Abgeordnetenhaus seines Heimatstaats Ohio, Ende 1990 wurde er erstmals in den Kongress in Washington gewählt. Ab dem Jahr 2006 leitete er die republikanische Fraktion im Repräsentantenhaus und führte seine Partei bei den Kongresswahlen im November 2010 zu einem triumphalen Sieg.
Die Republikaner übernahmen damals die Macht im Repräsentantenhaus, im Januar 2011 wurde Boehner zum «Speaker» bestimmt. Doch viele der republikanischen Neuankömmlinge im Parlament standen der erzkonservativen Tea-Party-Bewegung nahe.
Sie wollten sich den von ihnen verachteten Gepflogenheiten des Politikbetriebs in der Hauptstadt nicht anpassen, sondern kompromisslos ihre Vision der Vereinigten Staaten von Amerika durchsetzen. Dazu gehören ein radikaler Rückbau des Staats, drastische Ausgabenkürzungen - und ein radikaler Feldzug gegen Obama und seine Demokraten.
An Souveränität verloren
Immer wieder trieben die Vertreter der Tea Party Boehner vor sich her oder verweigerten sich seinen Kompromissen. Vor allem das Drama um die Schuldenobergrenze, das im Oktober 2013 zu einem zweiwöchigen Verwaltungsstillstand führte, zeigte, wie sehr Boehner an Souveränität verlor. Als er sich nach einigem Lavieren schliesslich um einen Kompromiss bemühte, verweigerte ihm die Tea Party die Gefolgschaft.
Der nächste Streit um das Staatsbudget war bereits programmiert Boehner hatte versucht, einen für alle akzeptablen Plan zu erarbeiten, um die Regierung nach Ablauf des Budgetjahres Ende September zumindest vorläufig finanziell flüssig zu halten.
Radikalkonservative Abgeordnete hatten ihre Zustimmung davon abhängig gemacht, dass Mittel für die Familienberatungsorganisation Planned Parenthood gestrichen werden, da diese neben Gesundheitsbetreuung für Frauen auch Abtreibungen durchführt. Obama und die meisten Demokraten haben das abgelehnt.
Wie unbeliebt Boehner bei den Hardlinern ist, zeigten am Freitag hunderte Teilnehmer einer Konferenz in einem Hotel Washington, die bei der Nachricht von seinem Rücktritt in heftigen Beifall ausbrachen.
Politische Aufruhr
Fraglich ist nun, ob es dem Fraktionsvorsitzenden der Republikaner im Repräsentantenhaus, dem 50-jährigen Kevin McCarthy, gelingen wird, zum neuen Vorsitzenden gewählt zu werden. Der Streit um die Nachfolge könnte das gesamte Unterhaus in politischen Aufruhr versetzen.
«Chaos und Fehlfunktion» innerhalb der republikanischen Fraktion hätten ihren Tribut gefordert, kommentierte der demokratische Abgeordnete Gerry Connolly auf dem Kurzmitteilungsdienst Twitter. «Speaker Boehner ist entthront». (bau/SDA)