Passagierin aus Zürich trauert um ihren Mann
«Georgios hat sich für mich geopfert»

Georgios D. (67) kam bei dem Drama um die Fähre «Norman Atlantic» ums Leben. Jetzt schildert seine Frau, wie sie das Unglück überlebte.
Publiziert: 29.12.2014 um 17:37 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:09 Uhr
Theodora D.: «Mein Mann ist erfroren.»
Von Myrte Müller und Viktor Dammann

Mindestens zehn Tote, viele Verletzte, ein verrusstes Schiff – und Dutzende Vermisste: Der Brand auf der Adria-Fähre Norman Atlantic endete in einer Katastrophe. Bis gestern Nachmittag wurden alle Passagiere und Besatzungsmitglieder von der havarierten Fähre, die vor der Küste Albaniens treibt, evakuiert. Auch die zehn Schweizer Staatsangehörigen.

Noch ist unklar, warum auf der Fahrt vom griechischen Hafen Patras zur italienischen Stadt Ancona ein Brand ausbrach. Hinweise deuten auf die vielen Lastwagen, von denen mehrere mit Olivenöl beladen waren.

An Bord waren offiziell 478 Passagiere und Besatzungsmitglieder, darunter mehrere Ausländer, die in der Schweiz leben. Einer der Toten ist der in Zürich wohnhafte Grieche Georgios Doulis († 66). Er starb tragischerweise während der Rettung.

Seine Frau Theodora D. (56) erzählte italienischen Medien von den dramatischen Stunden: «Wir waren auf der Rutsche, die zu den Rettungsbooten führte. Alles war nass vom Löschwasser. Mein Mann verfing sich in einem Stück Plastik, ich war hinter ihm. Als wir endlich im Wasser landeten, war das Rettungsboot schon zu weit weg. Wir trieben vier Stunden im kalten Meer.» Georgios habe aus der Nase geblutet, sagt seine Frau. Vielleicht, weil er sich auf dem Schiff den Kopf angestossen hatte. Er habe zu ihr gesagt: «Es ist vorbei, wir sterben.»

Schliesslich habe ein Retter sie rausgefischt und Georgios D. aus dem verhängnisvollen Stück Plastik befreit. «Zu spät», sagt Theodora Doulis, «mein Mann starb in den Armen des Helfers. Er ist erfroren, weil er mich retten wollte. Er hat mich mit seinem Körper geschützt. Er hat sich für mich geopfert.»

Theodora D. wurde mit schwerer Unterkühlung und einem Beckenbruch in ein Spital in Galatina (I) gebracht. Sie verwünscht den Moment, in dem sie die Norman Atlantic betrat: «Dieses Schiff hätte bei solch einem Unwetter nie losfahren dürfen. An Deck war alles voller Ölspuren. Es stank und war glitschig.»

Unter den Geretteten ist auch eine hochschwangere Frau mit ihren zwei Kindern, einem Mädchen (4) und einem Buben (2). Die Familie wohnt ebenfalls im Kanton Zürich. Der Vater musste zunächst auf dem Schiff zurückbleiben. Unklar ist, wie es ihm geht. Im Zürcher Oberland bangt eine Verwandte um sein Leben. «Ich hoffe, dass ich bald die Nachricht erhalte, dass er in Sicherheit ist», sagt die Frau zu BLICK und betont, sie hoffe das natürlich für alle.

Nach dem Desaster um den feigen Kapitän Francesco Schettino auf der Costa Concordia ist Italiens Ehre wiederhergestellt: Denn nach der 36 Stunden dauernden Rettungsaktion ging der italienische Kapitän Argilio Giacomazzi (62) als Letzter von Bord der Norman Atlantic. Er rief seine Familie an: «Es ist vorbei, ich komme nach Hause.»

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