Parlamentswahlen in Frankreich
Macron holt die absolute Mehrheit

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat sich für seinen Reformkurs klar die absolute Mehrheit im Parlament gesichert. Konservative und Sozialisten erlitten am Sonntag schwere Verluste. Bei der Wahlbeteiligung zeichnete sich ein historisches Tief ab.
Publiziert: 18.06.2017 um 20:04 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 01:12 Uhr
Macron-Lager holt absolute Mehrheit
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Parlamentswahl in Frankreich:Macron-Lager holt absolute Mehrheit

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat bei der Parlamentswahl eine klare Mehrheit für seine Politik gewonnen. Sein Lager schnitt aber deutlich schwächer ab als erwartet. Macrons Partei «La République en Marche» kam zusammen mit der verbündeten Zentrumspartei MoDem auf deutlich mehr als die 289 Sitze, die für eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung nötig sind.

Das Bündnis um seine Partei La République en Marche holte laut Hochrechnungen bei der zweiten Runde der Parlamentswahl 355 bis 425 der 577 Sitze. Meinungsforscher hatten allerdings mit einer noch grösseren Mehrheit von bis zu 470 Mandaten gerechnet.

Parlament wird vielfältiger

Dennoch bedeutet sein Erfolg eine grundlegende Umwälzung des politischen Systems in Frankreich: Seine erst 14 Monate alte Partei «La République en Marche» hat aus dem Stand die absolute Mehrheit geholt. Zudem treten für Macron zahlreiche Polit-Neulinge an. Das Parlament wird mit seinen Abgeordneten zudem weiblicher und ethnisch vielfältiger.

Die Opposition in der Nationalversammlung schrumpft dagegen deutlich zusammen: Das konservative Lager erzielte den Hochrechnungen zufolge zwischen 97 und 130 Abgeordnetenmandate und halbiert sich damit nahezu.

Hollande verliert massiv

Die Sozialisten von Ex-Staatschef François Hollande und verbündete linke Parteien kamen demnach sogar nur auf 27 bis 49 Sitze in der Nationalversammlung. Zuvor hatten sie fast 300 Mandate inne. Sozialistenchef Jean-Christophe Cambadélis nannte das Wählervotum «unmissverständlich» und kündigte seinen Rücktritt an.

Linkspartei und Kommunisten gewannen zwischen zehn und 30 Mandate, die rechtspopulistische Front National (FN) von Marine Le Pen zwischen vier und acht Sitze.

Parteichefin Le Pen selbst gewann in ihrem Wahlkreis in Nordfrankreich, wie sie der Nachrichtenagentur AFP sagte. Sie zieht damit erstmals in die Nationalversammlung ein. In der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl im Mai war Le Pen deutlich gegen Macron unterlegen.

Sehr tiefe Wahlbeteiligung

Bemerkenswert war die äusserst niedrige Wahlbeteiligung: Meinungsforscher sehen sie über den Tag gerechnet bei 42 bis 43 Prozent. Das wäre ein neuer Tiefstand in der Geschichte der 1958 gegründeten Fünften Republik. Zur Wahl aufgerufen waren 47 Millionen Franzosen.

Macron hat mit seinem Wahlerfolg nun freie Bahn für seine sozialliberalen Reformen. Als eine der ersten Massnahmen will er ein Gesetz für mehr Moral in der Politik durch die Nationalversammlung bringen. Es ist eine Reaktion auf Skandale wie die Scheinbeschäftigungsaffäre um den konservativen Präsidentschaftskandidaten François Fillon.

Zudem will Macron das Arbeitsrecht reformieren. Dabei drohen im Herbst neue Massendemonstrationen der Gewerkschaften und der Linken.

Schweiz-Franzosen wählen Son-Forget

Die Franzosen in der Schweiz und in Liechtenstein haben Joachim Son-Forget von der «La République en Marche» als ihren Repräsentanten in die Nationalversammlung gewählt. Das gab die Schweizer REM-Sektion nach der Stichwahl am Sonntagabend bekannt.

Der 34-Jährige hat südkoreanische Wurzeln, ist Arzt am Lausanner Universitätsspital und lebt in Genf. Er trat in der Stichwahl gegen Amtsinhaberin Claudine Schmid von den Republikanern an. «Ich bin sehr glücklich mit diesem Resultat, ich fühle bereits die Bedeutung der Verantwortung dieser Aufgabe und werde mich ab morgen an die Arbeit machen», sagte der Kandidat der Partei von Präsident Macron gegenüber der Nachrichtenagentur sda.

Schon letzten Sonntag lag er vorne

Bereits im ersten Wahlgang am vergangenen Sonntag war Macrons Bündnis mit 32,3 Prozent klar vorne gelandet. Grund für den deutlichen Sieg in der zweiten Runde ist das geltende Mehrheitswahlrecht. Für den Sieg in einem Wahlkreis reichte nun eine einfache Mehrheit aus.

Premierminister Edouard Philippe dürfte nun am Montag förmlich den Rücktritt des Kabinetts einreichen, um dann erneut mit der Regierungsbildung beauftragt zu werden. Die erste Sitzung der neuen Nationalversammlung ist für den 27. Juni geplant. (SDA)

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