In Indonesien rodet die Palmöl-Industrie seit geraumer Zeit riesige Flächen Regenwald, um Monokulturen anzulegen. Dadurch verlieren zahlreiche Tiere ihren Lebensraum – so auch Orang-Utan-Mutter Hope. Aus lauter Hunger flüchtet sie mit ihrem Baby (neun Monate alt) auf eine Bananen-Plantage in Aceh, im Norden Sumatras. Dabei kommt es zu einer Auseinandersetzung mit Bauern, die das Tier vertreiben wollen. Es endet dramatisch: Hope wird mit 74 Schüssen aus einem Luftgewehr niedergestreckt.
Dorfbewohner entdeckten das schwer verletzte Tier und sein komplett unterernährtes Baby wenig später in der Nähe des Felds. Sofort brachten sie die beiden in die Station des Sumatra-Orang-Utan-Schutzprogramms, das von der Schweizer Stiftung Paneco gegründet wurde.
Das Baby starb noch auf dem Weg in die Notfallstation
Ihr Zustand war äusserst kritisch: Hope verlor beidseitig ihr Augenlicht, das Schlüsselbein war gebrochen, und sie hatte durch die schweren Verletzungen diverse Infektionen davongetragen. Ihr Baby verstarb noch auf dem Weg in die Station.
Gestern wurde Hope nun operiert – vom Schweizer Human-Orthopäden Andreas Messikommer (68). Der Westschweizer liess zu Hause alles stehen und liegen, flog kurzerhand nach Sumatra. BLICK erreichte den Arzt: «Die Operation dauerte rund drei Stunden und verlief relativ unkompliziert.» Aber: «Hope muss mit den Kugeln im Körper weiterleben», so Messikommer. Nur 12 der 74 Kugeln konnte der Mediziner entfernen. Es sei schlicht nicht möglich gewesen, alle zu entfernen, ohne das Tier zusätzlich zu verletzen.
Der Chirurg operierte sonst Menschen
Obwohl der Chirurg normalerweise nur Menschen auf dem OP-Tisch hat, sei ein Eingriff an einem Orang-Utan fast identisch. «Sie unterscheiden sich anatomischen nicht gross von Menschen. Speziell die Zugänge bei der Operation sind nahezu gleich.» Man müsse jedoch äusserst genau arbeiten, damit keine Blutgefässe verletzt würden. «Ich arbeite deshalb nur mit stumpfen Geräten oder meist von Hand.»
Eigentlich sei er gar kein grosser Tierliebhaber, so Messikommer. Jedoch würde ihn das Unrecht am Lebewesen immer wieder antreiben. «Einige Schicksale sind wirklich schockierend. Umso schöner ist es, wenn die Tiere wieder im freien Regenwald leben können.» Seine Motivation: «Einige von ihnen pflanzen sich dort erfreulicherweise wieder fort und helfen somit, ihre Art zu erhalten. Ein Teil genau dieses Prozesses zu sein, ist grossartig.»
Hope muss trotz Blindheit nicht für immer im Käfig leben
Die Zukunftsperspektive von Orang-Utan-Dame Hope sei gut. «Noch ist es aber zu früh, um ein abschliessendes Urteil zu fällen. Jedoch hoffen wir auf eine schnelle und komplikationslose Erholung», sagt Dr. Yenni Saraswati, die leitende Tierärztin in der Auffang- und Pflegestation auf Sumatra.
Obwohl die nun blinde Hope nie mehr in freier Wildbahn leben kann, muss sie nicht für immer hinter Gitter leben. Bei entsprechender Genesung wird ihr neues Zuhause eine Insel im «Orang-Utan Haven» sein.