Die Opferzahl des blutigsten Polizeieinsatzes, den es in Rio de Janeiro (Brasilien) je gegeben hat, ist auf 29 gestiegen. Dies berichteten brasilianische Medien unter Berufung auf die Polizei am Freitag. Demnach handelte es sich bei den Opfern um 28 Verdächtige und einen Beamten der Anti-Drogen-Einheit.
Alle Verdächtigen seien in Drogengeschäfte verwickelt gewesen, sagte der Polizeisekretär Allan Turnowski bei der Beerdigung des getöteten Beamten. Drei der Verdächtigen waren laut dem Nachrichtenportal «G1» von der Staatsanwaltschaft wegen Drogenhandels angeklagt und wurden von der Polizei gesucht. Die Untersuchung weise darauf hin, dass sie in der organisierten Kriminalität in dem Armenviertel im Norden Rios agierten.
Im Spital gestorben
Zuvor hatte es geheissen, mindestens 25 Menschen, unter ihnen 24 Verdächtige, seien bei heftigen Gefechten zwischen mutmasslichen Mitgliedern von Drogenbanden und der Polizei in der Favela Jacarezinho getötet worden. Die drei weiteren Personen sind nach Angaben der Nachrichtenagentur «Agência Brasil» im Krankenhaus an ihren Verletzungen gestorben.
Nach Angaben des Nachrichtenportals «G1», das Informationen der staatlichen Universität UFF und der App «Fogo Cruzado» (Kreuzfeuer) auswertete, die Daten über bewaffnete Gewalt sammelt, war dies die Polizei-Operation mit den meisten Toten in der Geschichte Rio de Janeiros.
Polizei-Einsätze in Armenvierteln verboten
Im Juli hatte der Oberste Gerichtshof in Brasília Polizei-Einsätze in Favelas während der Corona-Pandemie ausgesetzt. Diese sind nur in «absoluten Ausnahmefällen» erlaubt. Aktivisten und Angehörige von Opfern protestierten, der Gouverneur des Bundesstaates Rio de Janeiro, Claudio Castro, verteidigte die Operation. «Die Landesregierung ist am meisten daran interessiert, die Umstände der Ereignisse in Jacarezinho aufzuklären», sagte Castro.
Die Favela Jacarezinho gilt als einer der Stützpunkte des «Comando Vermelho» (Rotes Kommando) im Norden Rios, den dieses unter anderem mit Barrikaden schützt. Mächtige Verbrechersyndikate wie das «Comando Vermelho» und eine Reihe kleinerer Banden ringen in den Armenvierteln um die Kontrolle von Drogenhandel und Schutzgeldgeschäft. Die Gewalt schwappt immer wieder auch auf andere Teile Rios über.
Traurige Spitzenplatzierung
In keinem anderen Land der Welt kommen so viele Menschen bei Polizeieinsätzen ums Leben wie in Brasilien. Im Jahr 2019 töteten Sicherheitskräfte in dem südamerikanischen Land 5804 Menschen, wie aus einem Gewaltmonitor hervorgeht, der von «G1», dem Brasilianischen Forum für öffentliche Sicherheit und der Universität von São Paulo betrieben wird. Zum Vergleich: In den USA erschossen Polizisten im Jahr 2019 1098 Menschen, in Deutschland wurden 14 Personen von Beamten getötet.
Die Verhältnisse sowie die Arbeitsbedingungen der Polizei in Europa lassen sich nicht mit denen in Brasilien vergleichen: Viele Armenviertel werden von schwer bewaffneten Drogenbanden kontrolliert. Brasiliens Vizepräsident Hamilton Mourão verglich die Situation mit einem Krieg: Die Polizei sei ausgerückt, um Haftbefehle zu vollstrecken, die im Zusammenhang mit der Ausbeutung von Minderjährigen für den Drogenhandel standen. Am Eingang sei ein Polizist von einem Banditen, in den Kopf geschossen worden. (SDA)