Ohne die Schweiz-Kosovaren läuft im Kleinstaat fast nichts
Kanton Kosovo

BLICK ist für eine Woche im Kosovo unterwegs. Überall zeigt sich: Ohne die Schweiz-Kosovaren hätte der kleine Staat ein grosses Problem.
Publiziert: 03.08.2017 um 23:56 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 02:57 Uhr
Jungunternehmer bringen Kosovo-Früchte in die Schweiz
2:14
Zwätschge, Pfluume und Himbeeri:Jungunternehmer bringen Kosovo-Früchte in die Schweiz
Michael Sahli

In den Strassen des Kosovo ist die Schweiz überall. Geschäfte werben mit dem Schweizerkreuz – vom Massagestudio bis zum Waffenladen. Die Strassen sind während der Feriensaison voll mit teuren Autos mit CH-Kleber. Die Auslandskosovaren werden von den Daheimgebliebenen «Schatzis» genannt. Mit gutem Grund!

Die Diaspora in der Schweiz ist lebenswichtig für das Land. 200'000 Kosovaren wohnen in der Schweiz. Zehn Prozent der Bevölkerung des Kosovo! Jedes Jahr schicken die Kosovo-Schweizer – nach offiziellen Angaben – 175 Millionen Franken in die alte Heimat. Von Schweizer Firmen kommen 65 Millionen jährlich. «Schweizer Investoren sind unsere wichtigste Quelle für Direktinvestitionen», heisst es bei der kosovarischen Botschaft.

200 Firmen mit Schweizer Besitzern haben sich seit 2003 im Kleinstaat angesiedelt. Letztes Jahr importierte die Schweiz Waren im Wert von 17 Millionen Franken aus dem Kosovo – 50-mal mehr als noch vor zehn Jahren. Voll im Trend liegen landwirtschaftliche Produkte – sie machen bereits ein Viertel der Exporte in die Schweiz aus. Gerade bei arbeitsintensiven Produkten, wie etwa Beeren, profitieren die Investoren vom tiefen Lohnniveau.

Zwei, die genau in diesem Bereich investieren, sind Joachim Lichtenhahn (31) aus Winterthur ZH und Besnik Etemi (31) aus Zürich: Sie produzieren unter anderem getrocknete Beeren. «Mein Grossvater Sali (93) besitzt hier Land», erklärt Etemi. Auch Armend Malazogu  (43) ist ins Beeren-Business eingestiegen, hat seine Smoothies sogar ins Coop-Regal gebracht!

Ein weiterer Trumpf der Kosovaren: Viele sprechen Deutsch. Darum sind Callcenter wie Pilze aus dem Boden geschossen. Das Bekannteste heisst Baruti – und wurde von Secondos aus der Schweiz gegründet. Mittlerweile arbeiten über 200 Menschen für das Unternehmen, Tendenz steigend. Die Rechnung ist einfach: Baruti zahlt einem Mitarbeiter etwa 500 Euro pro Monat. Für lokale Verhältnisse ein grosszügiges Salär – und spottbillig für die Auftraggeber aus der Schweiz.

Geld bringen die «Schatzis» auch als Touristen. Jeden Sommer schwappt eine regelrechte Welle aus der Schweiz übers Land. Die Kosovo-Behörden gehen von jährlich mindestens 100'000 Besuchern aus der Schweiz aus. Die Zahlen der Airlines liegen sogar noch höher. Edelweiss führt jährlich 670 Flüge zwischen den beiden Ländern durch. Bei Easyjet sind es sogar 1001 pro Jahr – das macht 150'000 Passagiere!

Schweizer Institute springen in die Lücke

Auch für die Finanzierung des Landes spielt die Schweiz eine zentrale Rolle. Kredite bei kosovarischen Banken sind teuer. Da springen die Schweizer Institute gerne in die Lücke. Das Geschäft wird dominiert von den Konsumkreditbanken Cembra Money Bank, Cashgate und Bank-now.

Die Kredite werden nicht direkt von den Banken vergeben, sondern von Kreditvermittlern. Wie das Geschäft läuft, legte der Kreditvermittler Lulzim Aliu (53) im Zuge eines Streits mit der Cembra Money Bank offen. Er vermittelte Cembra 28'000 albanische Kunden mit einem Kreditvolumen von mehr als einer Milliarde Franken. «In einem Land, in dem Kriege geführt wurden, braucht es Geld für den Wiederaufbau», sagte Aliu in einem Interview. 

Es gibt auch Schattenseiten. «Von den Jungen hier will jeder weg aus dem Kosovo», sagt etwa Kellner Ademi (23). Sein Monatslohn: weniger als 300 Euro. «Das ist hier ein gutes Einkommen», meint er. Doch die jährliche Parade von BMW, Audi und Maserati der Auslandskosovaren führt zu Neid – auch wenn es die Einheimischen nur hinter vorgehaltener Hand zugeben. Denn verärgern will die «Schatzis» hier keiner!

BLICK im Kosovo

Die Schweiz und der Kosovo sind untrennbar miteinander verbunden. Zehn Prozent der Bevölkerung des Balkanstaats leben in der Schweiz – etwa 200'000 Menschen. Der Kosovo wäre ohne die Schweiz ein anderes Land. Wir waren unter den Ersten, die die staatliche Unabhängigkeit des Kosovo anerkannten. Und jedes Jahr fliessen Millionen Franken von der Schweiz Richtung Pristina.

Während die Schweiz für viele Kosovaren zur neuen Heimat wurde, ist der Kosovo für viele Schweizer ein weisser Fleck auf der Landkarte. BLICK hat das Land bereist – und startet heute die grosse Serie zum «Kanton Kosovo».

Die Schweiz und der Kosovo sind untrennbar miteinander verbunden. Zehn Prozent der Bevölkerung des Balkanstaats leben in der Schweiz – etwa 200'000 Menschen. Der Kosovo wäre ohne die Schweiz ein anderes Land. Wir waren unter den Ersten, die die staatliche Unabhängigkeit des Kosovo anerkannten. Und jedes Jahr fliessen Millionen Franken von der Schweiz Richtung Pristina.

Während die Schweiz für viele Kosovaren zur neuen Heimat wurde, ist der Kosovo für viele Schweizer ein weisser Fleck auf der Landkarte. BLICK hat das Land bereist – und startet heute die grosse Serie zum «Kanton Kosovo».

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