Grundlage der Berechnung seien neueste Ermittlungen der seit 2012 tätigen «Task Force Eurofighter», sagte Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil am Donnerstag in Wien. Die Experten durchsuchten dafür fünf Terabyte Material.
Laut dem Minister soll Airbus entgegen der Vereinbarungen 183,4 Millionen von insgesamt vier Milliarden Euro Gegengeschäften in das Kaufangebot miteingerechnet haben. Dieses Geld sei auch in kriminelle Kanäle geflossen. Ausserdem seien Wartungsarbeiten deutlich teurer als angenommen gewesen.
Hätte die Regierung das damals gewusst, wäre der schwedische Anbieter Saab zum Zuge gekommen, heisst es. Saab produziert den Kampfjet Gripen, zu dessen Kauf das Schweizer Stimmvolk im Mai 2014 Nein sagte. Österreich will ausserdem noch künftige Schäden wegen teurerer Arbeiten abgegolten wissen.
«Gegengeschäfte sind offensichtlich eine optimale Trägerrakete für Korruption, Misswirtschaft und Geldwäsche», sagte Doskozil. Österreich werde es nicht akzeptieren, dass Steuerzahler auch Schmiergelder mitfinanzieren. Es sei zu überlegen, Gegengeschäfte gänzlich abzuschaffen.
Die Airbus Defence and Space GmbH (vormals EADS Deutschland GmbH) und die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH hätten demnach viele Millionen Euro dazu verwendet, Personen in ihrem Netzwerk zu bereichern. Das Verteidigungsministerium hat deshalb am Donnerstag in Wien eine fast 130 Seiten starke Klage gegen die beiden Unternehmen eingebracht.
«Es ist ein enormer Schaden entstanden», sagte Doskozil. Österreich sei seit 2002 sowohl über den wahren Kaufpreis als auch über die Lieferfähigkeit und Ausstattung der Flieger getäuscht worden.
Airbus wies am Donnerstag alle Vorwürfe der österreichischen Regierung zurück. Insbesondere seien «die Unterstellungen bezüglich Arglist und Betrug für uns nicht nachvollziehbar. Sie erscheinen konstruiert und wir weisen sie in aller Deutlichkeit zurück», teilte der Luftfahrtkonzern mit.
Das österreichische Verteidigungsministerium habe Airbus weder informiert noch liege die Strafanzeige vor. «Wir halten die heutige Aktion für ein politisches Manöver», hiess es vonseiten des Konzerns.
Die Koalition von konservativer ÖVP und rechter FPÖ hatte 2003 den Kaufvertrag für 18 Eurofighter im Wert von rund zwei Milliarden Euro abgeschlossen. Nach einem Regierungswechsel in Wien folgten vergebliche Verhandlungen zur kompletten Auflösung des Vertrags. 2007 kam es zum Vergleich, die Stückzahl auf 15 und den Kaufpreis um 250 Millionen Euro zu senken.
In den vergangenen Jahren wurden etliche Korruptionsvorwürfe rund um den Verkauf der Jets laut. In Wien wird wegen des Verdachts der Untreue und Geldwäscherei ermittelt. Auch in verschiedenen anderen Ländern laufen Ermittlungen.
Der Eurofighter ist ein typischerweise einsitziger Kampfjet. Die 15,9 Meter lange Maschine fliegt mit zweifacher Schallgeschwindigkeit und hat ein Abfluggewicht von maximal 23 Tonnen. Sie kann mit Luft-Luft-Raketen als Abfangjäger eingesetzt werden. Ausserdem soll mit Bomben und Raketen zur Bekämpfung von Zielen am Boden ausgerüstet werden können.
Die Maschine ist wegen ihrer geringen Grösse besonders wendig und manövrierfähig. Das Kampfflugzeug wurde gemeinsam von Deutschland, Grossbritannien, Spanien und Italien entwickelt. Es sollte das Rückgrat der europäischen Luftwaffen für die kommenden Jahrzehnte werden.
Pro Stück kostet ein Jet mehr als 100 Millionen Euro. Bisher (Stand November 2016) wurden weltweit 747 Eurofighter bestellt, von denen 488 ausgeliefert wurden. Auf den Exportmärkten wird der Eurofighter als «Typhoon» vermarktet.