Der Skandal wäre perfekt. US-Präsident Donald Trump behauptet, sein Vorgänger Barack Obama habe ihn ausspioniert. Auf Twitter schrieb er, er habe soeben herausgefunden, Obama habe unmittelbar vor dem Wahlsieg vom November den Trump-Tower abgehört. «Schrecklich!»
Wie aber kommt ein US-Präsident auf die Idee, seinem Vorgänger so etwas zu unterstellen? Belege liefert er keine. Die ursprüngliche Quelle war offenbar Radio-Moderator Mark Levin. Er hatte in der Nacht auf Freitag die angeblichen Schritte Obamas gegen Trump aufgelistet. Obama wollte demnach verhindern, dass Trump überhaupt als Präsident kandidieren könnte.
«Fakten» aus dem Radio
Fest steht: Am Donnerstag hatte Levin berichtet, Obama stecke hinter Untersuchungen gegen Trump. Am Freitag griff das rechtsextreme Portal «Breitbart» die Geschichte auf. «Breitbart» wurde einst vom Chef-Strategen des Weissen Hauses, Stephen Bannon, gegründet und diente Trump immer wieder als Quelle für von ihm verbreitete Fake-News. Am Samstag twitterte der Präsident.
Laut Levin sind zum Beispiel die Berichte, wonach Russland im Wahlkampf Trumps Konkurrentin Hillary Clinton hackte, reine Verschwörungstheorien.
Will Trump nur ablenken?
Erste Reaktionen schlossen am Samstag nicht aus, dass Trump mit seiner Aufsehen erregenden Aktion von grösseren Schwierigkeiten ablenken will, die sich aus nicht geklärten, möglichen Beziehungen seines Wahlkampfteams und nun seiner Regierung zu Russland ergeben.
Grosse US-Medien wie «Washington Post» und «New York Times» erschienen am Samstag mit Titelgeschichten zu Russland und Trump. Trump versucht immer wieder, Themen selber zu setzen und so Berichterstattung zu lenken.
Trump hatte Obama auf Twitter unterstellt, seine Telefone m Oktober abgehört zu haben. Ausser sich vor Wut, schrieb er: «Wie tief ist Präsident Obama nur gesunken, dass er meine Telefone während des äusserst heiligen Wahlprozesses abhörte?» Trump vergleicht das angebliche Vorgehen Obamas mit der Watergate-Affäre. Und schimpft weiter: «Schlimmer (oder kranker) Typ!»
«Schlicht falsch»
Ex-Präsident Barack Obama wehrte sich. Über einen Sprecher lässt er verlauten: «Es war eine Kardinalregel der Regierung Obama, dass kein Mitarbeiter des Weissen Hauses sich jemals in eine unabhängige Untersuchung einmischt, die vom Justizministerium geführt wird.»
Weiter schrieb der Sprecher am Samstag in einem auch auf Twitter verbreiteten Statement: «Dieser Praxis zufolge hat weder Präsident Obama noch sonst jemand aus dem Weissen Haus jemals die Überwachung eines US-Bürgers angeordnet. Alle anderen Unterstellungen sind schlicht falsch.»