So tickt Wladimir Putin
3:33
Sein Leben in zehn Stationen:So tickt Wladimir Putin

Nur wenige haben die Macht, ihn zu stoppen
Stellen sich jetzt die Oligarchen gegen Putin?

Immer weniger russische Superreiche haben einen Einfluss auf den Kreml. Nur ein paar Geschäftsleute stehen Präsident Wladimir Putin noch nah. Reicht das für einen Umsturz?
Publiziert: 27.09.2022 um 14:25 Uhr
|
Aktualisiert: 27.09.2022 um 18:29 Uhr
1/7
Wladimir Putin, hier mit Stahl-Magant Alischer Usmanow (r.), hat sich seine Macht weitgehend gesichert.
Foto: keystone-sda.ch

Wladimir Putin (69) ist im Kreml zunehmend isoliert. Immer lauter wird die Kritik am russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Zuletzt flammte eine Protestwelle durch das Land, als Putin am vergangenen Mittwoch eine Teilmobilmachung ankündigte.

Dennoch: Die Elite im Land scheint weiterhin zu Putin zu halten. «Die meisten Oligarchen haben Angst vor Putin, aber keine Möglichkeiten, ihn zu beeinflussen», analysiert der russische Politologie-Professor Nikolai Petrow in einem «Spiegel»-Interview. In Russland gebe es keine Reichen, die gegen den Willen des Regimes agieren würden.

Grösste Yacht der Welt nach Stilllegung verlegt
1:17
Gehörte russischem Oligarchen:Grösste Yacht der Welt nach Stilllegung verlegt

Neue Oligarchen-Generation dank Putin

Putin habe in den vergangenen Jahren die Spielregeln geändert. Davon seien vor allem Oligarchen betroffen, die schon vor der Ära Putin an zu viel Geld gekommen seien, etwa Roman Abramowitsch (55). «Er bot an, ein Auge zuzudrücken, wie sie ihr Geld verdienen, wenn sie im Gegenzug aufhören, sich in die Politik einzumischen. Er verlangte absolute Loyalität und forderte, dass sie dem Folge leisten, was der Staat ihnen vorschreibt», sagt Petrow.

Putin betraue die Oligarchen mit gewissen politischen Aufträgen, die sie auszuführen hätten. Wer diese Regeln nicht befolge, werde vertrieben – wie etwa Ex-Oligarch und Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski (59). Einige wenige Oligarchen, etwa der Metall-Mogul Alischer Usmanow (59), hätten sich einen kleinen Einfluss im Kreml bewahrt, aber kaum Entscheidungsgewalt.

Mittlerweile habe sich eine neue Generation der Oligarchen gebildet. Dabei handle es sich um Männer, die dank ihrer Nähe zu Putin zu Einfluss und Vermögen gekommen seien. Ein Beispiel: Gennadi Timtschenko (69). Sein Vermögen wird auf mehr als 20 Milliarden Dollar geschätzt, unter anderem besitzt der Putin-Freund eine 18-Millionen-Villa am Genfersee.

Diese Gruppe Oligarchen wurde vom Westen nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs mit besonders harten Sanktionen belegt – die laut Petrow allerdings nur wenig bringen. Denn die «neue Oligarchen-Generation» wurde bereits nach der Krim-Annexion 2014 mit Sanktionen belegt. «Die haben sich daran gewöhnt und ihr Leben schon vor einiger Zeit angepasst. Man kann also sagen, dass die Putin wirklich nahestehenden Oligarchen bereits eine gewisse Immunität entwickelt haben», erklärt Petrow. Auch sie hätten nur wenig Einfluss auf die Entscheidungen des Kremls.

Revolution der Oligarchen bleibt unwahrscheinlich

Tatsächlichen Einfluss auf Putin hätten nur sehr wenige, ausgewählte Geschäftsleute. Dazu gehört Juri Kowaltschuk (70), ein Jugendfreund Putins, und sein Bruder Michail. Sie würden zwar nicht besonders viel Geld besitzen, kontrollierten aber unter anderem die «Nationale Medien Gruppe» (NMG), einen riesigen privaten Medienkonzern des Landes. Die Sender der NMG stellen eine immens wichtige Propagandamaschine für Putin dar, deswegen ist er auch auf die Unterstützung Kowaltschuks angewiesen.

Weil diese Oligarchen auch das Weltbild Putins mit dem Westen als Feind teilen, seien die Sanktionen des Westens grösstenteils wirkungslos. Eher würden sich die Oligarchen noch mehr um Putin scharen. «Sie sind ohnehin Geiseln Putins. Sie sind loyal, weil sie es sein müssen. Sie haben faktisch keine andere Wahl», sagt Petrow.

Eine Revolution vonseiten der Oligarchen hält der Experte daher für unwahrscheinlich. Putin habe zu viel Macht, könne auch kurzerhand die Firmen der Oligarchen verstaatlichen. «Dann landen sie im Gefängnis, die Firma ist weg, und wenn es dumm läuft, verurteilt man sie noch zu Schadensersatz in doppelter Höhe des Unternehmenswertes.»

Dass die Oligarchen Putin stoppen, bleibt also unwahrscheinlich. (zis)

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?