Im Missbrauchsprozess gegen R. Kelly («I Believe I Can Fly») haben die Geschworenen den früheren Pop-Superstar in allen neun Anklagepunkten für schuldig befunden. Das verkündeten die sieben Männer und fünf Frauen am Montag an einem Gericht in New York. Robert Sylvester, wie der Musiker mit bürgerlichem Namen heisst, war unter anderem wegen sexueller Ausbeutung Minderjähriger, Kidnapping und Bestechung angeklagt. Nun droht dem Musiker, der seit seiner Festnahme im Sommer 2019 im Gefängnis sitzt, eine Haftstrafe von zehn Jahren bis lebenslang.
Das Verfahren ist - nach Fällen wie denen von Filmproduzent Harvey Weinstein und Komiker Bill Cosby - die nächste in den USA und weltweit viel beachtete juristische Aufarbeitung der #MeToo-Ära. Rund sechs Wochen lang hatten Staatsanwaltschaft und Verteidigung an dem Gericht im New Yorker Stadtteil Brooklyn vor Richterin Ann Donnelly die Missbrauchsvorwürfe gegen Kelly aus mehreren Jahrzehnten detailliert ausgebreitet, auseinandergenommen und ihre Argumente dargelegt. Dutzende Zeugen hatten sich zu Wort gemeldet und Hunderte Beweisstücke waren gesichtet worden.
Kelly-Anwalt wollte den Musiker als Opfer darstellen
Kelly sei ein Sexualstraftäter, hatte Anwältin Elizabeth Geddes für die Staatsanwaltschaft argumentiert und seine Verurteilung gefordert. Der Musiker sei selbst Opfer - von ausgedachten Geschichten und ausgeschmückten Erzählungen über Misshandlungen, hatte Kelly Anwalt Deveraux Cannick für die Verteidigung argumentiert. Kelly hatte nicht selbst ausgesagt, das Verfahren aber im Gerichtssaal verfolgt.
Erste Anschuldigungen gegen den 1967 in Chicago geborenen Musiker wurden bereits vor rund 25 Jahren bekannt. Zudem stand er 2008 wegen des Besitzes von Bildern schweren sexuellen Kindesmissbrauchs vor Gericht - und wurde freigesprochen. In Illinois und Minnesota liegen weitere Anklagen gegen Kelly vor. (cat/SDA)