Die Notizen vom 6. Januar 2017 lesen sich wie der unheilvolle Auftakt zu Trumps Präsidentschaft. Von chaotischen Gesprächen ist da zu lesen, Trump springe zwischen den Themen hin und her. Aber immer wieder spreche er auch Lob aus. «Ich hoffe, dass Sie bleiben», soll Trump zu seinem Gesprächspartner James Comey gesagt haben.
Wer die Kündigungen und Abgänge unter Trump verfolgt hat, weiss, dass das nur leere Worte sind. Ex-FBI-Chef Comey wurde nur vier Monate nach dem Gespräch entlassen. Trump nannte ihn plötzlich einen «Spinner» – weil Comey in der Russland-Affäre gegen ihn ermittelte.
Comeys Buch enthält brisante Gesprächsnotizen
Lange war es still um den ehemaligen FBI-Chef, doch jetzt rächt er sich. In dieser Woche erscheint sein Buch «A Higher Loyalty: Truth, Lies and Leadership». Das Werk erhielt bereits hervorragende Kritiken von zahlreichen namhaften Medien wie der New York Times – und könnte dem US-Präsidenten erheblich schaden.
Der brisante Inhalt des Buchs: Zahlreiche Gesprächsnotizen aus persönlichen Treffen und Telefongesprächen Comeys mit Trump vor der Entlassung des Ex-FBI-Mannes. Sie gelten als wichtiges Beweisstück in der Frage, ob Trump versucht hat, die Ermittlungen zu einer möglichen russischen Einflussnahme auf die US-Präsidentenwahl 2016 zu behindern.
Eine geschwärzte Version der Notizen von Ex-FBI-Chef James Comey wurden am Donnerstag (Ortszeit) von US-Medien veröffentlicht. Hier sind die wichtigsten Zitate:
«Er sprach über all die Frauen, die ihn fälschlicherweise beschuldigten, sie angefasst und betatscht zu haben (...) und gab mir das Gefühl, dass er sich mir gegenüber rechtfertigt.»
«Die Unterhaltung (...) war chaotisch. Themen wurden angeschnitten, abgebrochen, dann wieder aufgenommen. (...) Der Präsident sprach die meiste Zeit.» Unter anderem habe Trump über seine Vereidigung und die Besucheranzahl gesprochen, den Luxus im Weissen Haus (den er am liebsten mit Mar-a-Lago vergleiche), seine vielen Aktivitäten, die Körpergrösse seines Sohnes, dass er keinen behinderten Reporter verspottet und keine Frauen belästigt habe. Ausserdem sei es um Hillary Clintons E-Mail-Affäre gegangen.
Trump habe wiederholt gesagt, dass er 2013 in Russland nichts mit Prostituierten gehabt habe, obwohl der russische Geheimdienst einem Bericht zufolge perverse Sexpraktiken («Golden Showers thing» nennt Trump es) aufgezeichnet habe. «Er sagte, es nerve ihn, dass seine Frau denke, es könnte wahr sein.»
Laut Trump habe Putin gesagt: «Wir haben einige der schönsten Prostituierten der Welt.» Der Zeitpunkt des Gesprächs ist allerdings unbekannt.
James Comey war als FBI-Chef bereits von Obama berufen worden. «Trump sagte mir immer wieder, wie froh er sei, dass ich bleibe.» Auch im letzten veröffentlichten Telefonat vom 30. März bedankt sich der Präsident noch mal für Comeys Arbeit.
Der Präsident habe Sicherheitsberater Mike Flynn nicht getraut, weil dieser ihm angeblich einen Anruf eines Staatschefs (geschwärzt) verschwiegen und den Rückruf nicht wichtig genug genommen habe. «Er sagte, er wäre beleidigt, wenn ihn dieser sechs Tage lang nicht zurückrufen würde.»
«Er lud meine Familie und mich zum Essen ein. Als ich nicht antwortete, fügte er hinzu: ‹oder eine Tour oder was immer Ihrer Ansicht nach angemessen ist›.»
«Reince Priebus fragte mich, was ich rechtlich vom Einreiseverbot für Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Staaten hielte. Ich sagte ihm, dass Immigration kein FBI-Thema ist.» Er habe mit dem damaligen Stabschef auch über den ‹Golden Showers›-Skandal gesprochen: «Ich erklärte ihm, dass der Präsident bei unserem Dinner Interesse daran zeigte, dass ich in dem Fall ermittle. Ich wiederholte, dass ich dem Präsidenten gesagt habe, dass ich nicht möchte, dass es so wirkt, als würden wir (das FBI) gegen ihn ermitteln.»
Mit dem Präsidenten sei das Gespräch regelmässig auf die damalige Nummer 2 im FBI gekommen, Andrew McCabe. Trump warf McCabe vor, in der E-Mail-Affäre zu nett mit Hillary Clinton umgegangen zu sein und mutmasste, dass dieser im Gegenzug «eine Million Dollar» bekommen hätte. «Ich sagte ihm noch mal, dass Andy McCabe ein absoluter Profi ist.» McCabe trat im Januar 2018 von seinem Posten als stellvertretender FBI-Chef zurück.
«Er fragte mich, ob ich Sean Spicers Pressekonferenz heute gesehen hätte (...). Er sprach über die Leaks aus seinen vertraulichen Telefonaten mit den Staatschefs von Mexiko und Australien und dass es uns furchtbar aussehen liesse. (...) Er kam dann auf die Leaks aus Mike Flynns Telefonaten mit den Russen, die nicht falsch gewesen seien, aber dass die Leaks furchtbar seien.»
Am 30. März 2017 habe ihn der Präsident um 8.13 Uhr angerufen und darüber gescherzt, dass Comey mehr Aufmerksamkeit bekomme als er. Er versuche das Land zu führen und das sei wegen der Russland-Ermittlungen schwierig, die wie eine Wolke über ihm hängen würden. «Er erklärte, er habe nichts mit den Russen zu tun (...), nichts mit Prostituierten in Russland gehabt.» Der Präsident habe gefragt, was er tun müsse, damit das FBI die Ermittlungen einstelle. «Er endete damit, dass er versuche, 'Deals' für das Land zu machen und dass ihn die Wolke verletze (...) und er hoffe, ich fände einen Weg, dass nicht gegen ihn ermittelt würde.»
Trump habe das Thema auf den ägyptischen Staatschef gebracht, den Obama nicht gemocht habe und erwähnte eine Bombenattacke in einer koptischen Kirche. «Er sagte, dass drei Amerikaner von einem ägyptischen Soldaten getötet wurden und der ägyptische Staatschef mitverantwortlich sei. Ich unterbrach ihn, um zu sagen, dass ich denke, dass er (Name geschwärzt) meint und einen Vorfall in Jordanien.»
«Wird die Hexenjagd weiter gehen?»
US-Präsident Donald Trump äusserte sich zu den Notizen bereits am Donnerstagabend auf Twitter. Comeys Notizen zeigten klar, dass es «keine Zusammenarbeit» mit Russland und «keine Behinderung» der Ermittlungen gegeben habe. Zudem habe Comey geheime Informationen durchsickern lassen. «Wird die Hexenjagd weiter gehen?», fragte Trump.
Zuvor hatte das Justizministerium auf Anfrage republikanischer Abgeordneter dem Kongress eine Kopie der Comey-Papiere übergeben. Damit sollte laut der Nachrichtenseite «Politico» ein Patt zwischen dem stellvertretenden Justizminister Rod Rosenstein und den Republikanern abgewendet werden. (SDA/noo/kin)