Ist es Zufall, dass ausgerechnet im chinesischen Wuhan und in Norditalien besonders viele Menschen an Covid-19 sterben? Die Umweltverschmutzung könnte mit ein Grund sein, dass Norditalien zum Wuhan Europas geworden ist.
Wie eine Studie des Geowissenschaftlers Yaron Ogen von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) im deutschen Halle zeigt, sind in Regionen mit einer dauerhaft hohen Schadstoffbelastung deutlich mehr Menschen nach der Infektion mit dem Coronavirus gestorben als in anderen Regionen. Auch eine Studie von US-Forschern der Harvard-Universität deutet darauf hin, dass es einen Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und einem schweren Corona-Krankheitsverlauf gibt.
Feinstaubbelastung und Stickstoffdioxid
Pneumologen äussern sich zurückhaltend. Wie gross der Einfluss der Umweltbelastung im Vergleich zu anderen Faktoren wie etwa Begleiterkrankungen auf den Verlauf von Covid-19 ist, kann auch Ogen nicht sagen. Aber genau das müsse man herausfinden, fordert er.
Ogen analysierte in seiner Studie Satelliten-Daten zur Luftverschmutzung auf der Erde, Wetterdaten zu Luftströmen und Angaben zu Corona-Todesfällen aus Italien, Frankreich, Spanien und Deutschland. Vor allem in stark mit Stickstoffdioxid belasteten Regionen sind demnach Menschen nach einer Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben.
Eine Karte der Europäischen Umweltagentur EEA zeigt eindeutig: Italien hat im Vergleich zu anderen westeuropäischen Staaten die am stärksten belastete Luft. Vor allem die Region Norditalien, die besonders stark von der Corona-Pandemie betroffen ist, hat historisch eine hohe Luftverschmutzung. Die EEA zählt für ihre Berechnung der Luftverschmutzung Stickstoffdioxid, Feinstaub und bodennahes Ozon.
Die Wissenschaftler der Harvard-Universität fanden in einer Untersuchung heraus, dass eine höhere Feinstaubbelastung mit einem Anstieg der Covid-19-Sterberate zusammenhängt.
Geschwächte Immunabwehr
Laut Berthold Jany, dem ehemaligen Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), ist das noch nicht sicher. Jany zufolge hängen Luftverschmutzung und Sterblichkeit zwar zusammen, ob dies aber auch zu einem schlimmeren Verlauf der Covid-Krankheit führt, ist unsicher.
Auch Frank Heimann, Vorsitzender des deutschen Bundesverbands der Pneumologen, Schlaf- und Beatmungsmediziner, sieht bislang keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Schadstoffen in der Luft und dem Tod nach einer Corona-Infektion. Luftverschmutzung könne aber die Abwehr von Infektionen langfristig schwächen, sagt er.
Schadstoffbelastung in der Schweiz
In der Schweiz sind laut Daten des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) vor allem die stark besiedelten Regionen rund um Zürich, im Mittelland, am Genfersee und im Tessin von Feinstaub und Stickstoffdioxid belastet. Die meisten Corona-Todesfälle sind hierzulande laut der Website corona-data.ch in der Westschweiz (316) sowie im Tessin (295) zu beklagen. (SDA/noo)
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
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