Norbert Walter-Borjans gewinnt Rennen um SPD-Parteivorsitz
Schweiz-Schreck bereitet Parlamentariern in Bern Sorgen

Nordrhein-Westfalens Ex-Finanzminister Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken haben sich beim SPD-Mitgliedervotum gegen Vizekanzler Olaf Scholz durchgesetzt. Bei Schweizer Parlamentariern weckt das gemischte Gefühle.
Publiziert: 30.11.2019 um 22:50 Uhr
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Aktualisiert: 02.12.2019 um 10:51 Uhr
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Mutige Wahl: Die Sozialdemokraten wollen das koalitionskritische Duo Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken als Parteichefs haben.
Foto: AFP
Fabienne Kinzelmann und Simon Marti

Er knackte das Schweizer Bankgeheimnis, nun soll er die älteste Partei Deutschlands führen. Schweiz-Schreck Norbert Walter-Borjans (67) hat sich gemeinsam mit Saskia Esken gegen das Duo aus Vizekanzler Olaf Scholz (61) und Klara Geywitz (43) im Rennen um den SPD-Parteivorsitz durchgesetzt.

«NoWaBo», wie er abgekürzt wird, ist für viele Schweizer ein Feindbild. Gezielt ruinierte der ehemalige Finanzminister von Nordrhein-Westfalen den Ruf der Eidgenossenschaft und verhinderte das damals geplante Steuerabkommen mit Deutschland. So versetzte er dem Bankgeheimnis den Todesstoss. Für 19 Millionen kaufte er neun CDs mit gestohlenen Daten, um deutsche Steuersünder mit in der Schweiz versteckten Konten zu entlarven. Je nach Sichtweise galt er als Käufer von Diebesgut oder als Robin Hood für Steuergerechtigkeit.

Wider die Interessen der Schweiz

Entsprechend gemischt ist die Reaktion der Schweizer Parlamentarier auf die deutsche Top-Personalie. Während SP-Nationalrat Fabian Molina (29) den «Mut» der Sozialdemokraten zum koalitionskritischen Spitzenduo begrüsst, ist das bürgerliche Lager verstimmt. SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel (54) sagt zu SonntagsBlick: «Walter-Borjans hat bewiesen, wie wenig ihm an einem guten Verhältnis zur Schweiz liegt. Bleibt bloss zu hoffen, dass er kein wichtiges Amt übernimmt.» Sein FDP-Kollege Hans-Peter Portmann (56) stösst ins gleiche Horn: «Hier wurde niemand gewählt, der unserem Land besonders freundlich gesinnt ist. Es bleibt abzuwarten, wie er sich als Parteichef macht und ob er in Zukunft Regierungsverantwortung übernimmt.»

Elisabeth Schneider-Schneiter (55, CVP), derzeit noch Präsidentin der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats, fürchtet, dass die neue SPD-Doppelspitze die angeschlagene Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (65) gefährdet und so noch einen grösseren Einfluss auf die Schweiz haben könnte: «Hier wird offensichtlich der linksradikale Flügel der Partei gestärkt. Und der wird die Grosse Koalition destabilisieren. Deutschland ist unser wichtigster Handelspartner, das kann nicht in unserem Interesse liegen.»

Formal muss das Duo Walter-Borjans/Esken beim Parteitag am kommenden Wochenende zwar noch bestätigt werden, doch das Votum der 425'000 SPD-Mitglieder fiel deutlich aus. Zwei Millionen liessen sich die Genossen die Suche nach ihren neuen Vorsitzenden kosten – erstmals wird der Posten von zwei Personen besetzt. In 23 Regionalkonferenzen hatten sich insgesamt sechs Kandidatenduos vorgestellt. Bis Freitagabend konnten die rund 425'000 Parteimitglieder abstimmen. Der halbjährige Prozess war zwar aufwendig – aber immerhin billiger als die neun Steuer-CDs, die der neue SPD-Chef damals in der Schweiz erwarb.

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