Chaos in Opfikon ZH am Samstag: Mit Gegenständen bewaffnete Männer gingen aufeinander los. Bei den Beteiligten der Auseinandersetzungen handelte es sich um Teilnehmer des Eritrea-Festivals. Bei den Kontrahenten handelte es sich um Anhänger des eritreischen Diktators Isaias Afewerki und Regimegegner. Die Bilanz: Fünf Personen wurden leicht und sieben mittelschwer verletzt. Drei Eritreer im Alter zwischen 23 und 27 Jahren wurden verhaftet.
Die Anhänger des eritreischen Regimes hätten versucht, eine illegale Versammlung abzuhalten und die Opposition habe versucht, dies zu verhindern, sagt Okbaan Tesfamariam am Sonntag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Der Eritreer ist Mediensprecher beim Eritreischen Medienbund Schweiz und Aktivist.
Angefangen habe der Streit in Oberuzwil SG. Dort sollte ein Fest stattfinden, an dem sich Afewerki-Anhänger zusammenfanden. Wegen der drohenden Gewaltausbrüche sagten die Veranstalter das Fest kurzfristig ab. Offenbar verschoben sich später viele Teilnehmende nach Opfikon.
«Diese Festivals sind Propagandaveranstaltungen»
Ähnliche eritreische Kulturfeste gab es bereits in der Vergangenheit, auch in der Schweiz. Jüngst mehrten sich jedoch die Proteste dagegen. Auch in Rüfenacht im Berner Vorort Worb hätte dieses Wochenende ein solches Fest stattfinden sollen. Es wurde aber bereits im Vorfeld aus Sicherheitsgründen abgesagt. «Die Situation ist nicht neu», sagte Tesfamaria. Der Konflikt zwischen Regimegegnern und Regimetreuen schwele schon seit Jahrzehnten. Nach einem blutigen Unabhängigkeitskrieg hatte es sich 1993 von Äthiopien getrennt, ohne dass die Unabhängigkeit von Äthiopien anerkannt wurde. Wenig später übernahm Afewerki die Macht und verwandelte das Land laut Amnesty International in eine der brutalsten Diktaturen auf dem Kontinent.
Der Konflikt zwischen den Anhängern Afewerkis und Oppositionellen zeige sich auch in der Diaspora, erklärte Tesfamariam. In der Schweiz leben mehrere Zehntausend Eritreer. Einige von ihnen suchten damals Zuflucht vor dem Bürgerkrieg um die Unabhängigkeit Eritreas. Manche von ihnen unterstützen auch heute noch die eritreische Regierung. Andere flohen in den vergangenen Jahren vor der Diktatur oder dem strengen lebenslangen Wehrdienst- und Zwangsarbeitssystem.
Dass es in letzter Zeit vermehrt zu Gewalt gekommen sei, sei die Folge der sich häufenden Propagandatouren, sagte Tesfamariam. Die Krawalle zwischen Eritreern in den letzten Tagen standen im Zusammenhang mit Eritrea-Festivals. «Diese Festivals sind Propagandaveranstaltungen der eritreischen Diktatur», sagte Tesfamariam. Die Diktatur sammle im Namen des Unabhängigkeitskriegs an solchen Anlässen Geld. Viele Exil-Eritreer würden sich davon unter Druck gesetzt fühlen.
Zusammenstösse in Israel und Schweden
Zu Zusammenstössen kam es auch in Israel. Bei einer Strassenschlacht in Tel Aviv waren am Samstag nach Medienberichten mehr als 150 Menschen verletzt worden, etwa ein Drittel davon Polizisten. Auslöser der Unruhen war ein Eritrea-Festival, das in der Botschaft in Tel Aviv stattfinden sollte.
Hunderte Eritreer protestierten vor der Botschaft gegen die dortige Regierung und durchbrachen dabei auch Absperrungen der Polizei. Nach jüngsten Polizeiangaben wurden bei den Zusammenstössen 52 Demonstranten festgenommen. Sie hätten Schlagstöcke, Tränengas und Elektroschocker bei sich gehabt. Die Demonstranten schlugen auch Scheiben von Polizei- und anderen Autos sowie Fenster umliegender Geschäfte ein.
Auch in Schweden wurden beim Eritrea-Festival sieben Menschen verletzt. Während einer Versammlung von Regierungsgegnern in der Nähe des Festivalgeländes sei es zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen, teilte die Polizei am Donnerstag mit. Mindestens vier Menschen erlitten laut der regionalen Gesundheitsbehörde schwere Verletzungen, drei weitere leichte Blessuren. Rund 1000 regierungskritische Demonstranten hätten bei einer legal angemeldeten Protestaktion eine Polizeisperre durchbrochen und das Festival gestürmt, berichtete die Boulevardzeitung «Expressen». Die Demonstranten rissen demnach Festzelte ab und setzten Zeltspitzen als Waffen gegen Polizisten ein. Zudem seien Beamte mit Steinen beworfen worden.
Die Gegner der Feste fordern, dass solche Kulturfestivals verboten werden. In den Niederlanden ist dies passiert: Das Land hat die Veranstaltung diesen Sommer verboten. Die Behörden befürchteten Gewaltaufrufe und machten Sicherheitsbedenken geltend.
Bei der Botschaft von Eritrea in Genf, sowie beim Konsulat in Wettingen AG war bis am Sonntagnachmittag niemand für eine Stellungnahme erreichbar. (man/SDA)