Wie Essid am Montag in Tunis bekanntgab, soll unter den 24 Ministern nun auch ein Vertreter der islamistischen Ennahda sein. Ihr bisheriger Sprecher Zied Ladhari solle das Ministerium für Beschäftigung und Berufsausbildung leiten. Ausserdem erhält Ennahda drei Staatssekretäre.
Die neue Regierung besteht jedoch zu grossen Teilen aus Mitgliedern der Partei Nidaa Tounès, für die der parteilose Essid bei der Parlamentswahl im vergangenen Oktober angetreten war. Daneben sind auch Angehörige der liberalen Freien Patriotischen Union (FPU) und einer weiteren liberalen Partei, Afek Tounès («Horizonte Tunesiens»), dabei.
Essid hatte zunächst ein Kabinett ohne Beteiligung der Islamisten vorgeschlagen. Als absehbar wurde, dass er dafür keine Mehrheit im Parlament finden würde, begann er mit einer Neuaufstellung.
Erst am Sonntag hatten sich Essid und Ennahda-Chef Rached Ghannouchi auf eine Beteiligung der Islamisten geeinigt. Die Allianz Nidaa Tounès ist mit 86 der 217 Sitze stärkste Kraft im Parlament. Dieses muss die Regierung am Mittwoch noch bestätigen.
Nidaa Tounès gilt als Sammelbecken der alten Staatselite. Mit Essid wird ein einstiger Funktionär des bei der Jasminrevolution 2011 gestürzten Machthabers Zine el Abidine Ben Ali Regierungschef. Nach dem Umsturz war er zeitweise Innenminister.
Tunesien gilt als Musterbeispiel für einen demokratischen Wandel nach dem Arabischen Frühling. Die weltlichen und religiösen Parteien des Landes sind wiederholt Kompromisse eingegangen, um die Demokratisierung voranzutreiben.
Die Ennahda verfügt als zweitstärkste Kraft über 69 Mandate im Parlament. Mit 16 Abgeordneten ist die FPU drittstärkste Fraktion. Afek Tounès hat acht Mandate inne.