Um die Flüchtlingskrise meistern zu können, brauche es ein ganzes Paket von Massnahmen, sagte der luxemburgische Aussen- und Migrationsminister Jean Asselborn, dessen Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft ausübt.
An ihrer Sitzung am Donnerstag in Luxemburg konzentrierten sich die EU Innenmister in erster Linie auf die Rückführungspolitik. Denn gemäss EU-Kommission wurden 2014 weniger als 40 Prozent der Menschen ausgeschafft, deren Asylanträge abgelehnt wurden.
«Wir können schutzbedürftigen Flüchtlingen nur dann Platz bieten und Unterstützung geben, wenn die nicht Schutzbedürftigen gar nicht erst kommen oder schnell zurückgeführt werden», sagte der deutsche Innenminister Thomas de Maizière.
Auch die Schweizer Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga betonte, dass alles gemacht werden müsse, «um jene zu schützen, die wirklich Schutz benötigen - und davon haben wir viele». «Ich denke, die Schweiz kann hier dazu beitragen, Druck zu machen, denn ohne eine solidarische europäische Asylpolitik können wir die aktuelle Flüchtlingskrise nicht lösen.» Man habe es in den letzten Jahren verpasst, diesen Prozess voranzutreiben.
Die Schweiz beteiligt sich via Dublin-Abkommen teilweise an der EU-Asylpolitik. Daher wird sie regelmässig an die entsprechenden Sitzungen der EU-Staaten eingeladen.
Nun sollen die Grenzschutzagentur Frontex, das Unterstützungsbüro für Asylfragen EASO sowie Europol personell verstärkt werden - von derzeit etwas über 60 auf 670 Stellen. Diese drei EU-Agenturen sind für das Funktionieren der so genannten «Hotspots» zentral.
Hier werden die ankommenden Flüchtlinge registriert und eine erste Triage vorgenommen. Später sollen jene, die kein Recht auf Asyl haben, ausgeschafft werden. Geplant sind künftig gemeinsam organisierte Flüge zur Abschiebung abgelehnter Asylbewerber.
Ausserdem werden in den Schlussfolgerungen die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, ihre «Haftkapazitäten» auszubauen, um zu vermeiden, dass abgewiesene Asylbewerber untertauchen.
Doch hierbei besteht das Problem, dass die EU bei den Abschiebungen darauf angewiesen ist, dass die Herkunftsländer ihre Bürger wieder übernehmen. Daran scheitern die Rückführungen jedoch oftmals.
Daher soll die EU auch Anreize für diese Staaten bieten. Wie diese aussehen könnten, wurde nicht genannt, vorstellbar ist aber mehr Unterstützung über die Entwicklungshilfe. Sanktionen seien hingegen kein Thema gewesen, hiess es. Asselborn verwies dabei auch auf die EU-Afrika-Konferenz in der maltesischen Hauptstadt Valletta Mitte November.
Das Funktionieren dieser «Hotspots» ist essenziell für die EU. Denn: «Ohne 'Hotspots', keine Umsiedlung», machte Asselborn deutlich. Die EU-Staaten hatten sich nach zähen Verhandlungen darauf geeinigt, 160'000 Flüchtlinge in erster Linie aus Italien und Griechenland innerhalb Europas umzusiedeln. Eine erste Umsiedlung soll bereits am Freitag erfolgen: 30 aus Eritrea stammende Flüchtlinge sollen laut EU-Kommission von Italien nach Schweden umgesiedelt werden.
Die EU-Innenminister diskutierten zudem über eine gemeinsame Liste sicherer Herkunftsländer. Dabei handelt es sich um Länder, deren Bürger kein Recht auf Asyl haben - etwa Albanien, Kosovo oder Mazedonien. Hier streiten sich die EU-Staaten jedoch darüber, ob die Türkei auf diese Listen gesetzt werden soll oder nicht.
Ausserdem berieten die Minister über Massnahmen zum besseren Schutz der EU-Aussengrenzen. Ein neuer Vorschlag der EU-Kommission dazu wird im Dezember erwartet.
Asselborn machte deutlich, dass Schengen nur überleben werde, «wenn die Aussengrenzen gesichert sind». Denn innerhalb des Schengenraums kann man ohne Grenzkontrollen reisen. Doch mittlerweile haben aufgrund der vielen Flüchtlinge Deutschland, Österreich und Slowenien teilweise wieder Grenzkontrollen eingeführt. Die Schweiz nimmt via Abkommen am Schengenraum teil.
Am Donnerstag Abend sollten noch die EU-Aussenminister in Luxemburg eintreffen. Sie sollten zusammen mit den Innenministern und Vertretern aus der Türkei, dem Libanon, Jordanien und sechs Westbalkan-Staaten über die verbesserte Zusammenarbeit zur Bewältigung der Flüchtlingskrise beraten. Dabei geht es vor allem um die Balkanroute, über welche viele Flüchtlinge in die EU kommen. Auch Bundespräsidentin Sommaruga sollte an dem Treffen teilnehmen. (SDA)