Gegen den deutschen Autokonzern Volkswagen ist in Brasilien eine Zivilklage wegen seines Verhaltens während der Militärdiktatur in dem südamerikanischen Land eingereicht worden. VW habe die Folter und illegale Festnahme von Mitarbeitern hingenommen.
Ehemalige Mitarbeiter sollen gefoltert worden sein
Damit begründete das Arbeiterforum für Wahrheit, Gerechtigkeit und Reparation am Dienstag seine Klage in São Paulo. Der Konzern habe während der Diktatur in den Jahren 1964 bis 1985 «die Existenz einer Staatspolizei im Inneren des Unternehmens» zugelassen, sagte Sebastião Neto vom Arbeiterforum der Nachrichtenagentur AFP.
Zwölf ehemalige Mitarbeiter des VW-Werks in São Bernardo do Campo nahe São Paulo waren laut Klageschrift festgenommen und gefoltert worden. Das Unternehmen soll daher nun Entschädigungen zahlen, fordern die Kläger. Die Klage gegen VW wird von Gewerkschaften, Menschenrechtsaktivisten und Anwälten unterstützt.
«Haben mich gefesselt und gefoltert»
«Sie haben mich gefesselt in die Personalabteilung mitgenommen und dort haben sie angefangen, mich zu foltern», schilderte Ex-VW-Mitarbeiter Lucio Bellentani seine Verfolgung während der Diktatur der Nachrichtenagentur AFP. Bei dem Vorfall im Jahr 1972 war Bellentani 28 Jahre alt und überzeugter Kommunist.
«Volkswagen war nicht das einzige beteiligte Unternehmen, aber es hatte in São Paulo eine Führungsrolle und es hat sogar andere (Unternehmen) koordiniert», sagte Neto weiter. Das Arbeiterforum für Wahrheit, Gerechtigkeit und Reparation war 2012 von Brasiliens linksgerichteter Staatschefin Dilma Rousseff eingesetzt worden, um die Verbrechen während der Militärdiktatur zu untersuchen.
«Volkswagen muss sich seiner historischen Verantwortung stellen und sich dazu bekennen», erklärte Christian Russau vom Verbandsvorstand. Dazu gehöre «aber neben einer Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit auch die Bitte bei den Betroffenen um Entschuldigung sowie eine deutliche Entschädigung der Opfer.»
US-Regierung ermittelt wegen Abgas-Bschiss
Die Klage trifft den deutschen Konzern inmitten eines Skandals um manipulierte Abgaswerte bei seinen Diesel-Modellen. Die Vorwürfe gegen Volkswagen und die Tochter Audi waren am Freitag öffentlich geworden. Nach Angaben der US-Umweltbehörde EPA entwickelte Volkswagen eine Software, mit der Vorgaben zur Luftreinhaltung zwar bei Tests, nicht aber beim normalen Betrieb der Autos erfüllt wurden. Die Dieselfahrzeuge stiessen folglich im regulären Strassenverkehr mehr gesundheitsschädliche Stickoxide aus als erlaubt.
Das US-Justizministerium leitete strafrechtliche Ermittlungen ein. Am Dienstag erklärte der Konzern in Wolfsburg, dass sich die Software zur Manipulation von Abgaswerten weltweit in elf Millionen Dieselfahrzeugen befindet. (sda/gru)