Ocasio-Cortez ist die neue Hoffnungsträgerin der US-Demokraten
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Alexandria Ocasio-Cortez (29):Neue Hoffnungsträgerin der US-Demokraten

Netflix-Doku setzt auf Alexandria Ocasio-Cortez
Die Frau, die Trump das Fürchten lehrt

Seit Januar räumt die jüngste Abgeordnete der US-Geschichte im Repräsentantenhaus auf. Eine Netflix-Doku schaut hinter die Kulissen ihres Wahlkampfs.
Publiziert: 01.05.2019 um 14:55 Uhr
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Aktualisiert: 03.05.2019 um 10:34 Uhr
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Die Parteibasis der Demokraten könnte sich AOC als US-Präsidentin vorstellen. Das Problem: die grosse Mehrheit der Amerikaner nicht.
Foto: EPA

Die Konservativen hassen sie, die Linken verehren sie. Doch eins ist unbestritten: Alexandria Ocasio-Cortez ist der Superstar der Demokraten. Was sie sagt, wird weltweit zitiert – was sie trägt, ist ausverkauft. Der erst 29-Jährigen gelang der amerikanische Traum: von der Barkeeperin zur Kongressabgeordneten. Seit Anfang des Jahres sitzt «AOC» im Repräsentantenhaus – als bislang jüngste Frau überhaupt.

«Ich kandidiere, weil normale Amerikaner es verdienen, von normalen Amerikanern repräsentiert zu werden», sagt AOC in der Doku «Frischer Wind im Haus» (Originaltitel «Knock Down The House»), die seit Mai auf Netflix läuft, über ihren Weg in die Politik. 2018 kandidierten 529 Frauen für den Kongress – so viele wie nie zuvor. Vier von ihnen begleitet die Netflix-Doku bei ihrem Kampf um einen Sitz im Repräsentantenhaus. Doch der Star ist eindeutig AOC.

AOC fordert das Trump-Impeachment

Der Trailer zeigt, wie die junge Frau aus der Bronx den langgedienten Berufspolitiker Crowley in einem engagierten, modernen Wahlkampf schlagen konnte. Und welcher Druck auf ihr lastet. Sie wolle die Menschen nicht enttäuschen, sagt sie unter Tränen. Und über ihren Wahlkampf: «Wie auch immer es ausgeht – nichts wird mehr so sein wie zuvor.»

Im Kongress fällt sie mächtig auf: Die talentierte Rednerin setzt sich für die Umwelt ein und – entgegen der aktuellen Parteilinie – für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump. Bei dessen Rede zur Lage der Nation im Februar stiehlt sie im weissen Outfit, grossen Kreolen und knallrotem Lippenstift allen die Show. Ihr Oberteil erinnert an das Cape einer Superheldin. 

Bei der Anhörung von Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen kurz darauf stellt sie vier Minuten lang Fragen zu den Finanzen des US-Präsidenten: kurz, pointiert, durchdacht. Ein Video davon geht viral. Es besiegelt ihre Rolle als ernstzunehmende Politikerin.

Ihre Umfragewerte sind ähnlich wie die Trumps

Doch nicht bei allen Parteikollegen kommt die junge Abgeordnete an. Vielen ist sie zu laut, zu links. Wie Trump bei den Republikanern mischt sie die Demokraten auf. Rechtskonservative Medien arbeiten sich an ihr ab – egal, was sie sagt. Aufregung, die Trump andersrum mit jedem Tweet, mit jedem Wort ebenso auch im linken Lager verursachen kann.

Die Demokraten fürchten, mit AOC, die sich selbst eine «demokratische Sozialistin» nennt, gemässigte Wähler zu vergraulen. Die Sorge ist berechtigt: Noch hindert sie zwar die Altersgrenze – ein US-Präsident muss mindestens 35 Jahre alt sein – daran, doch eine grosse Mehrheit ihrer Partei kann sich laut Umfragen vorstellen, AOC als Präsidentschaftskandidatin zu wählen.

Landesweit aber denken laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup mehr Amerikaner negativ über sie als positiv. Nur 31 Prozent der Befragten haben eine gute Meinung von ihr – 41 Prozent eine schlechte. Bei Trump ist die Differenz ähnlich. 

Trotzdem: Dass überhaupt mehr als 70 Prozent der Amerikaner eine Meinung zu einer politischen Newcomerin haben, ist ungewöhnlich. In kürzester Zeit hat es AOC geschafft, sich einen Namen zu machen.

Sie wuchs als Kind einer Putzfrau auf 

Dabei wurden ihr am Anfang kaum Chancen eingeräumt. Zu jung, zu unerfahren, zu links, hiess es. In der Bronx, wo sie kandidierte, gab es zudem längst einen demokratischen Platzhirsch: Joe Crowley (57). Gemässigt, katholisch, seit 20 Jahren Abgeordneter im Repräsentantenhaus. AOC schlug ihn in einer parteiinternen Vorwahl trotzdem – mit 4000 Stimmen Vorsprung. 

Und das, obwohl sie noch ein Jahr vorher niemand kannte. AOC stammt aus keiner Politiker-Familie, sie wächst als Kind einer Putzfrau aus Puerto Rico und eines Amerikaners in der Bronx auf. Als sie 19 ist, stirbt der Vater an Lungenkrebs. Beim Gespräch am Sterbebett sagt er zu ihr: «Mach mich stolz.» AOC verspricht es ihm. 

Mit Krediten und Stipendien studiert die junge Halbwaise Wirtschaft und Internationale Beziehungen an der Universität in Boston, später kellnert sie in einem mexikanischen Restaurant. Noch immer zahlt sie ihre Studienschulden ab.

Postergirl der neuen Linken

Ihr Sieg steht auch deswegen für einen frischen Wind in der amerikanischen Politik – und in der eigenen Partei. Auf der einen Seite steht das politische Establishment rund um Repräsentantenhaus-Sprecherin Nancy Pelosi (79) und Chuck Schumer (68), auf der anderen Seite stehen die jungen Linken, darunter viele Frauen mit Einwanderungsgeschichte: etwa Ayanne Pressley (45), die erste schwarze Kongressabgeordnete aus Massachussets, oder Rashida Tlaib (42) und Ilhan Omar (47), die beiden ersten Musliminnen im Kongress.

AOC ist so etwas wie das Postergirl dieser Gruppe. Sie tingelt durch die Late-Night-Shows im Fernsehen, bestreitet auf der hippen Design- und Kreativmesse South by Southwest in Texas die Bühne, schafft es im März auf das Cover des renommierten Magazins «Time». Auf Instagram folgen ihr 3,3 Millionen Menschen, auf Twitter 4,0 Millionen. Als sie dort die Marke ihres Lieblings-Lippenstifts verrät, ist er innerhalb kürzester Zeit ausverkauft.

Sie fordert Trump heraus

Ihre Pointiertheit, ihr Feingefühl für Stimmungen und Momente: Das ist es, was die junge Demokratin zur spannendsten politischen Gegnerin von US-Präsident Donald Trump macht. Der hat längst von ihr Notiz genommen. Eine «wundervolle junge Barkeeperin» sei sie, sagte er abwertend über die Politikerin. Die kann darüber nur lachen. 

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Denn wie man mit Trollen umgeht, weiss sie: Im Januar, als sie vereidigt wird, postet ein anonymer Twitter-User ein altes Video von AOC, in dem sie als Studentin auf einem Dach tanzt. Es soll sie lächerlich machen. Der Versuch geht nach hinten los. Die jüngste Abgeordnete der US-Geschichte nimmt kurzerhand ein neues Video auf: Es zeigt sie tanzend vor ihrem neuen Kongressbüro. 

So laut sie im Internet ist, so beherrscht ist sie im Kongress. Im Repräsentantenhaus arbeitet sie eifrig und still «wie eine Maus», sagen Parteikollegen. Als würde sie noch immer allen beweisen müssen, dass sie hierher gehört.

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