Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu sprach nach seinem Treffen mit Merkel erneut vom palästinensischen Grossmufti von Jerusalem, Amin al-Husseini, ein bekannter Antisemit, der auch mit den Nazis Kontakte pflegte. Netanjahu bezichtigte den Grossmufti, am Holocaust Mitschuld zu tragen.
Der Mufti sei ein krimineller Komplize für SS-Chef Heinrich Himmler und Holocaust-Organisator Adolf Eichmann «bei der Ausführung des Holocaust» gewesen, sagte Netanjahu am Donnerstag in Berlin. «Der Mann ist ein Kriegsverbrecher. Er ist ein Mann, der mit den Nazis kollaboriert hat.»
Netanjahu hatte bereits am Dienstag gesagt, der palästinensische Grossmufti von Jerusalem, Amin al-Husseini, habe Nazi-Diktator Adolf Hitler zur Ermordung der Juden in Europa angestiftet. Merkel sagte dazu am Mittwoch, die Deutschen hätten keinen Grund ihr Geschichtsbild zu ändern. «Wir kennen die Verantwortung der Nazis für den Zivilisationsbruch der Schoah.»
Auch Netanjahu nannte Hitler als Hauptverantwortlichen für den Holocaust. «Niemand sollte das abstreiten», sagte er. Es gebe aber viele Beweise dafür, dass der Grossmufti den Holocaust unterstützt habe. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas müsse sich fragen lassen, «warum er den Mufti als Ikone der Palästinenser hochhält».
Abbas wiederhole die «Lügen und Hetze», die zur Nazi-Zeit von der damaligen Palästinenserführung verbreitet worden seien, sagte Netanjahu in Berlin. Die internationale Gemeinschaft solle sich dafür einsetzen, «dass die Aufwiegelung von Abbas aufhört».
Israels Oppositionsführer Izchak Herzog rief Netanjahu am Mittwoch dazu auf, seine Holocaust-Äusserungen zurückzuziehen. Es handle sich um eine «gefährliche Verzerrung der Geschichte, die den Holocaust trivialisiert».
Auch der israelische Holocaust-Forscher Professor Jehuda Bauer sagte, Netanjahu habe mit seinen Worten «die Figur Hitlers verkleinert». Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas sagte nach einem Treffen mit UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon in Ramallah, Netanjahu habe Hitler von seinen Verbrechen freigesprochen und die Schuld auf Amin al-Husseini abgeschoben.
Auf diese Weise wolle Netanjahu das palästinensische Volk «auf eine sehr erbärmliche Weise angreifen.» UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte bei seinem Besuch in Nahost Palästinenser und Israelis zu einem sofortigen Ende der Gewalt aufgefordert.
Netanjahus machte seine erneuten Vorwürfe nur wenige Stunden vor einem Treffen mit US-Aussenminister John Kerry in der deutschen Hauptstadt. Die beiden sprechen am Donnerstag in Berlin vor dem Hintergrund einer neuen Welle blutiger Gewalt im Nahen Osten miteinander. Dabei kamen seit Monatsbeginn neun Israelis und rund 50 Palästinenser ums Leben.
Merkel rief zu einem Ende der Gewalt auf. «Wir wünschen uns, dass alle Seiten zur Deeskalation der Lage beitragen», sagte sie. Israel habe die Verpflichtung, seine eigenen Bürger zu schützen. Dabei müsse aber die Verhältnismässigkeit gewahrt bleiben. Sicherheit und Existenz Israels seien Teil der deutschen Staatsräson, und dies werde auch so bleiben.