Putin weist Palast-Vorwürfe von Nawalny zurück
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Luxus pur:Wladimir Putins Anwesen ist 39 Mal grösser als Monaco!

Nawalny-Stellvertreter Wladimir Aschurkow über Putin und seinen Palast
«Wer so etwas baut, ist psychisch krank»

In Russland protestieren Hunderttausende gegen die Verhaftung des Oppositionsführers Alexej Nawalny. Im Interview mit SonntagsBlick rechnet Wladimir Aschurkow, der Exekutivdirektor von Nawalnys Anti-Korruptionsstiftung, mit Präsident Putin ab.
Publiziert: 31.01.2021 um 00:47 Uhr
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Aktualisiert: 19.02.2021 um 12:26 Uhr
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Vor zwei Wochen wurde der russische Oppositionsführer Alexei Navalny in Moskau verhaftet.
Foto: keystone-sda.ch
Interview: Danny Schlumpf

SonntagsBlick: Herr Aschurkow, Sie leben im Asyl in London. Warum haben Sie Russland verlassen?
Wladimir Aschurkow: Anfang 2014 verschlechterte sich die politische Situation in Russland. Alexei Nawalny wurde unter Hausarrest gestellt. Ich selbst wurde immer stärker überwacht. Und weil damals die Geburt unseres Sohns bevorstand, beschlossen meine Frau und ich, das Land für eine Weile zu verlassen.

Was geschah dann?
Als unser Sohn in London zur Welt kam, wurde in Russland ein politisch motivierter Strafprozess gegen mich eröffnet. Es war bizarr. Man beschuldigte mich, Nawalnys Wahlkampfspenden gestohlen zu haben, obwohl Nawalny selbst das bestritt. Da wurde mir klar: Wenn ich nach Russland zurückkehre, lande ich für weiss Gott wie lange im Gefängnis.

Sind Sie jetzt in Sicherheit?
Die meisten Führungskräfte aus Nawalnys Team wurden in den letzten Tagen verhaftet. Nawalny selbst muss mit mehreren Jahren Gefängnis rechnen. Ich fühle mich also in London defi­nitiv sicherer als in Moskau. Aber wir wissen auch: Die russischen Sicherheitskräfte verfügen über reichlich Erfahrung, jemanden ausserhalb von Russland zu ermorden.

Nawalny wurde im August mit dem Kampfstoff Nowitschok vergiftet. Wer ist dafür verantwortlich?
Eine Untersuchung der investigativen Journalisten von Bellingcat hat bis ins Detail gezeigt, dass alles auf den russischen Geheimdienst hindeutet.

Trotzdem kehrte Nawalny vor zwei Wochen nach Moskau zurück. Warum?
Das ist eine natürliche Konsequenz seiner Strategie und seines Charakters. Sein Lebenswerk und seine Organisation sind in Russland. Und er hat nichts Falsches getan.

Nach seiner Ankunft wurde er sofort verhaftet. Kann er mit seiner Familie und seinem Team kommunizieren?
Die einzige Person, die Zugang zu ihm hat, ist seine Anwältin. Sie besucht ihn ein Mal täglich, bringt ihm Informationen und trägt Nachrichten von ihm nach aussen.

Am letzten Wochenende gingen Hunderttausende Russen auf die Strasse, um gegen Nawalnys Festnahme zu protestieren. Haben Sie so etwas schon einmal erlebt?
2017 gab es eine grosse Demon­stration in Moskau, nachdem unsere Organisation ein Video veröffentlicht hatte, das die korrupten Machenschaften des ehemaligen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew aufdeckte. Aber die aktuellen Proteste finden in unzähligen Städten überall im Land statt, trotz der Kälte und der Restriktionen wegen Corona. So etwas hat es noch nie gegeben.

Unter den Protestierenden sind viele junge Menschen. Sind sie kritischer gegenüber Präsident Wladimir Putin als die ältere Generation?
Unter den Jüngeren ist die Zustimmungsrate für Putin am tiefsten. Sie beklagen sich darüber, dass in Russland nichts geschieht. Sie werden ihrer Zukunft beraubt. Es gibt keine Bewegung, keinen Fortschritt.

Viele Russen sehen das positiv. Sie finden, Putin sei ein Garant von Stabilität.
Stimmt das wirklich? Wir können den Umfragen nicht trauen. Mit Sicherheit denken weniger als 50 Prozent der Russen so.

In Belarus erheben sich die £Menschen gegen Diktator Alexander Lukaschenko. In Russland protestieren sie gegen Putin. Aber ist ein Wandel wirklich möglich?
Natürlich! Genau das lehrt uns die Geschichte über die Jahrhunderte und alle Länder hinweg. Nichts ist für immer.

Wie beeinflussen die Proteste die russischen Parlamentswahlen vom kommenden Herbst?
Das ist schwer zu ­sagen, weil Putin das Wahlprozedere kontrolliert. Er bestimmt darüber, wer kandidieren und Spenden sammeln kann. Seine eigene Partei verfügt über grenzenlose finan­zielle Ressourcen. Aber es ist uns ge­lungen, bereits mehrere unabhängige Abgeordnete in regionale Parlamente zu bringen. Das wollen wir auch in den ­nationalen Wahlen im Herbst er­reichen.

Ihre Organisation hat vor einigen Tagen den Film «Putin’s Palace» veröffentlicht. Über 100 Millionen Menschen haben ihn schon gesehen. Was ist die Botschaft?
Wer den Film sieht, ist entsetzt über die Korruption und den Wahnsinn dieser ganzen Sache. Es gibt viele Paläste in der Welt, Versailles zum Beispiel oder den Buckingham Palace. Aber diese Paläste wurden vor aller Augen gebaut und bewohnt. Putins Palast hingegen wird versteckt. Er ist riesig. Bis jetzt wurde über eine Milliarde Dollar dafür ausgegeben. Es ist wirklich absurd.

Was sagt dieses Anwesen über Putin aus?
Es erzählt uns etwas über das russische Machtsystem, das keinerlei Gewaltenteilung kennt. Dieser ­Palast ist einer von vielen, die ­Putins Kumpane für ihn gebaut ­haben. Das Geld dafür haben sie aus der Staatskasse gestohlen oder Unternehmen entrissen, die sie kontrollieren. Aber der Palast am Schwarzen Meer sticht ­wegen seiner bizarren archaischen Architektur heraus. Wer so etwas für sich baut, ist psychisch krank.

Die USA und die EU haben Russland aufgefordert, Nawalny umgehend freizulassen. US-Präsident Joe Biden konfrontierte ­Putin telefonisch mit dem Gift­anschlag auf Nawalny. Haben solche Reaktionen eine Wirkung auf den russischen Präsidenten?
Auf jeden Fall. Putin ist kein Stra­tege, sondern ein Taktiker. Er berechnet jeden Schritt erst, kurz ­bevor er ihn ausführt. Jetzt beobachtet er die Reaktionen auf Nawalnys illegale Verhaftung in Russland und das Echo im internatio­nalen Umfeld. Darauf basierend wird er nächste Woche entscheiden, was er dem Richter befiehlt, der über Nawalny urteilt.

Was ist Ihr Ziel? Worum geht es Ihnen und Alexei Nawalny letztlich?
In den letzten 20 Jahren hat Wla­dimir Putin ein umfassendes System wirtschaftlicher und politischer Korruption erschaffen. Wir wollen, dass sich in Russland ein politisches System durchsetzt, das die Ansichten seiner Bürger re­präsentiert. Russland soll ein Land mit unabhängigen Gerichten und ­freien Medien werden, mit einer verantwortungsbewussten Regierung, die Korruption ablehnt.

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