Navy Seals im Jemen entdeckt
Scheiterte Geisel-Befreiung an Pinkelpause?

40 Navy Seals landeten in der Nacht auf Samstag im Jemen. Sie wollten die Geiseln Somers und Korkie aus den Händen der Al Kaida befreien. Doch die Aktion wurde zum Debakel.
Publiziert: 08.12.2014 um 18:22 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 17:08 Uhr
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Eine V-22 Osprey hat die Navy Seals zum Einsatz geflogen. Auf dem Rückflug starb eine der beiden Geiseln in der Maschine.
Foto: AP

Noch bevor das US-Sonderkommando am frühen Samstagmorgen mit dem Propellerflugzeug auf dem Amphibienschiff USS Makin Island vor der jemenitischen Küste landete, war klar: Der Einsatz war ein Desaster. Die eine der beiden soeben befreiten Geiseln erlag in der V22-Osprey ihren Schussverletzungen. Der zweite Mann starb kurz nach der Landung.

Bei den Geiseln handelt es sich um den US-amerikanischen Fotografen Luke Somers und den Südafrikaner Pierre Korkie, der im Jemen als Lehrer gearbeitet hatte. Nach einem ersten missglückten Rettungsversuch vor rund zwei Wochen konnten sie dank Spionage-Satelliten und Drohnen im Süden des Landes lokalisiert werden. In der Nacht auf Samstag sollten sie schliesslich befreit werden.

Rund 40 Navy Seals, die meisten Teil der auf Geiselnahmen spezialisierten Einheit «Team 6», standen laut US-Medien im Einsatz. Sie wurden gegen ein Uhr nachts rund zehn Kilometer vom Versteck der Al-Kaida-Terroristen entfernt abgesetzt und pirschten sich anschliessend zu Fuss an die Geiselnehmer heran.

Während Pinkelpause entdeckt?

Kurz vor Erreichen des Ziels kams allerdings zur Katastrophe: Die Geiselnehmer entdeckten die Truppe – und eröffneten das Feuer. Offenbar hatte ein Terrorist, der vor dem Gebäude eine kurze Pinkelpause eingelegt hatte, die Männer gesehen und Alarm geschlagen. Das schreibt «ABC News» unter Berufung auf einen Beamten der Anti-Terror-Zentrale. Anderen Informationen zufolge soll ein Hund die Sondereinheit zuerst bemerkt haben und diese mit seinem Gebell verraten haben.

Es kam zu einem rund zehnminütigen Feuergefecht zwischen den Navy Seals und den jemenitischen Kämpfern, bei dem sechs der Terroristen getötet wurden. Schliesslich gelang es den Amerikanern, das Gebäude zu betreten.

Darin stiessen sie auf die zwei lebensgefährlich verletzten Geiseln Somers und Korkie. Die Geiselnehmer hatten sie während des Gefechts offenbar erschiessen wollen. «Das war eine Exekution», zitiert «ABC News» einen Angehörigen des Militärs. Es könne ausgeschlossen werden, dass die Männer ins Kreuzfeuer gekommen seien.

Befreiung Korkies stand kurz bevor

Für Yolande Korkie brach eine Welt zusammen, als sie am Morgen von der missglückten Befreiung der Geiseln erfuhr. Die Frau der südafrikanischen Geisel legte sich am Freitag mit der Gewissheit ins Bett, ihren Mann zwei Tage später in ihre Arme nehmen zu können. Anfang Jahr konnte sie selbst aus den Fängen der Al Kaida befreit werden – nach langen Verhandlungen der Hilfsorganisation «Gift of the Givers» mit den Kidnappern.

Nun sollte auch ihr Mann freikommen. Nachdem man nach monatelangem Ringen die Höhe des Lösegelds von ursprünglich geforderten 3 Millionen auf 200'000 Dollar hatte herunterhandeln können, sollte das Geld am Wochenende übergeben und Korkie daraufhin aus der Geiselhaft entlassen werden, schreibt die «New York Times»

Familie Somers kritisiert Verhalten der USA

Doch die USA machte den Plänen des Hilfswerks und der Familie einen Strich durch die Rechnung. Man habe nicht gewusst, dass die Befreiung des Südafrikaners kurz bevor stehe, heisst es von Seiten der US-Behörde.

Die USA hatte sich für eine gewaltsame Befreiung entschieden, nachdem vergangene Woche ein Video aufgetaucht war, in dem Al Kaida drohte, Somers am Samstag zu töten, sollte die USA nicht die Forderungen der Kidnapper erfüllen.

Einen Entscheid, den die Familie Somers nun kritisiert. Seine Stiefmutter Penny Bearman sagte in der «Times», die Familie und auch der Gekidnappte selbst hätten eine Verhandlungslösung bevorzugt. «Es gab schon vorher Drohungen, die nicht wahrgemacht worden sind», sagt sie.

Die Familie Korkies hingegen gab bekannt, den Entscheid der USA zu akzeptieren. «Wir haben uns entschieden, uns bei den Gedanken an Pierre zu freuen und ihn in unseren Herzen weiterleben zu lassen», statt einen Streit um die Befreiungsaktion zu führen. (lha)

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