Nato oder Atomwaffen
Selenski krebst nach brisanten Atom-Äusserungen zurück

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski sorgte beim EU-Gipfel diese Woche für einen Paukenschlag: Entweder trete die Ukraine der Nato bei oder sie werde wieder zur Atommacht. Er sei missverstanden worden, sagte er kurz später. Doch sein Land müsse in die Nato.
Publiziert: 19.10.2024 um 02:39 Uhr
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Aktualisiert: 20.10.2024 um 17:38 Uhr
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Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski sorgte am Rande des EU-Gipfels diese Woche in Brüssel für einen Paukenschlag.
Foto: Imago

Auf einen Blick

  • Selenski machte bei EU-Gipfel brisante Aussagen zu Nato und Atomwaffen
  • Ukraine habe die Wahl zwischen Schutz durch Nuklearwaffen oder dem Militärbündnis
  • Nach dem Zerfall der Sowjetunion war die Ukraine die drittgrösste Atommacht
  • Im Austausch für Sicherheitsgarantien gab das Land 1994 sein Atomarsenal auf

  • Selenski ruderte von Aussagen zurück, doch Putin sprach von einer «gefährlichen Provokation»
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Daniel KestenholzRedaktor Nachtdienst

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (46) sorgte am Rand des EU-Gipfels in Brüssel für einen Paukenschlag. Entweder nehme die Nato sein Land in ihr Bündnis auf, um die Ukraine vor Russland zu schützen. Oder der Ukraine bleibe keine Wahl, als wieder zur Atommacht zu werden.

Selenski erinnerte daran, dass sein Land im Rahmen des Budapester Memorandums von 1994 bereit war, die auf seinem Boden stationierten sowjetischen Atomwaffen aufzugeben – im Austausch für Sicherheitsgarantien Russlands, der USA und der Briten.

Verwunderung und Schock

«Welche dieser grossen Atommächte hat darunter gelitten? Alle von ihnen?», fragte Selenski rhetorisch. «Nein. Die Ukraine hat gelitten», gab er sich gleich selbst die Antwort. «Wer hat die Atomwaffen aufgegeben? Alle? Nein. Die Ukraine. Wer kämpft heute? Die Ukraine.»

Dann erklärte Selenski: «Entweder wird die Ukraine Atomwaffen haben und das wird unser Schutz sein, oder wir sollten eine Art von Bündnis haben.»

Im Brüssel herrschten Verwunderung bis Schock, während Selenski weiter erklärte: «Die Nato-Länder befinden sich nicht im Krieg. Die Menschen in den Nato-Ländern sind alle am Leben. Und Gott sei Dank. Deshalb haben wir uns für die Nato entschieden. Nicht für Atomwaffen.»

Selenski rudert zurück

Stunden später krebste Selenski zurück. Die Ukraine habe nicht die Absicht, die Welt mit Atomwaffen zu bedrohen, sagte er bei der Pressekonferenz mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte (57). Er habe nur gemeint, dass es keine Alternative zu einem Nato-Beitritt gebe.

«Einige Medien verbreiten falsche Informationen. Bitte. Verbreiten Sie nicht diese Nachrichten», so Selenski. «Die Ukraine sollte in der Nato sein, und während des Budapester Memorandums haben wir im Austausch für Sicherheitsgarantien auf Atomwaffen verzichtet. Hätten wir sie behalten, wäre es eine Verteidigung wie in anderen Nuklearstaaten gewesen.»

«Die Ukraine hat alles gegeben und nichts bekommen», sagte Selenski. «Die Ukraine wird keine Atomwaffen entwickeln und niemanden bedrohen.» Doch wenn es zu einem Waffenstillstand komme, werde der russische Präsident Wladimir Putin (72) bald versuchen, die Ukraine vollständig zu besetzen, «und das Jahr 2022 wird sich wiederholen. Wir müssen der Nato beitreten», so der ukrainische Staatschef.

Putin: «Gefährliche Provokation»

Putin selbst wies Selenskis Erklärungsversuch als «gefährliche Provokation» zurück. «Jeder Schritt in diese Richtung wird mit einer entsprechenden Reaktion beantwortet», sagte Putin am Freitag zu Journalisten der Brics-Staaten.

«Es ist nicht schwierig, in der modernen Welt Atomwaffen herzustellen», sagte Putin. «Ich weiss nicht, ob die Ukraine jetzt dazu in der Lage ist, es ist nicht so einfach für die Ukraine von heute, aber im Allgemeinen gibt es hier keine grossen Schwierigkeiten.»

Die Ukraine hatte das drittgrösste Atomwaffenarsenal der Welt geerbt, als die Sowjetunion 1991 auseinanderbrach. Nach dem Erhalt der Sicherheitsgarantien gab Kiew sein Nukleararsenal drei Jahre später ab.

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