Wahl per Video
Hanijeh tritt die Nachfolge von Chaled Meschaal an, dessen zweimaliges Mandat an der Spitze des Politbüros nach zwei Jahrzehnten endete.
Hanijeh setzte sich bei der Wahl gegen Mussa Abu Marsuk und Mohammed Nassal durch. Die Wahl erfolgte per Videokonferenz der Mitglieder der Schura - des obersten Rates - der Hamas im Gazastreifen, im Westjordanland und ausserhalb der Palästinensergebiete.
Sowohl Meschaal als auch sein Nachfolger gelten als Verfechter einer pragmatischen Linie im Konflikt mit Israel. Im Gegensatz zu Meschaal, der im Exil in Doha lebt, wird Hanijeh aber voraussichtlich im Gazastreifen bleiben. Die Hamas kontrolliert das Palästinensergebiet seit 2007.
Politisches Programm der Hamas
Nur wenige Tage vor der Wahl ihres neuen Chefs hatte die radikalislamische Organisation erstmals seit ihrer Gründung ihr politisches Programm geändert. In dem neuen Programm akzeptiert sie erstmals einen Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967.
Nach Einschätzung von Experten versucht sie auf diese Weise, wieder in die internationalen Nahost-Verhandlungen einbezogen zu werden. Der Staat Israel wird in dem neuen Programm allerdings nach wie vor nicht anerkannt.
Wer ist Ismail Hanijeh?
- Der 54-jährige Hanijeh wurde im Gazastreifen geboren. Er besuchte eine UNO-geführte Schule für palästinensische Flüchtlinge und später die Islamische Universität.
- Während der ersten Intifada - dem 1987 begonnenen Palästinenseraufstand gegen Israel - wurde er mehrfach von Israel inhaftiert. 1992 wurde er von Israel mit hunderten Aufständischen von Hamas und Islamischem Dschihad in den Südlibanon verbracht.
- 2003 überlebte Hanijeh ein Attentat, als die israelische Luftwaffe ein Haus bombardierte, wo er sich mit Hamas-Gründer Scheich Ahmed Jassin traf. Später war Hanijeh ausschlaggebend dafür, dass Anschläge der Hamas innerhalb Israels ab 2005 eingestellt wurden.
- 2006 führte er die Hamas zum Sieg über die Fatah im Gazastreifen und wurde dort Regierungschef. Die internationale Gemeinschaft lehnt Gespräche mit einer Palästinenserregierung unter Hamas-Beteiligung jedoch ab, solange diese nicht der Gewalt abschwört und Israel sowie die bisherigen Friedensabkommen anerkennt.
- Für Beunruhigung im Westen sorgt auch Hanijehs Haltung, wonach ein künftiger Palästinenserstaat auf Gesetzen aufgebaut sein soll, die vom islamischen Scharia-Gesetz inspiriert sind.