Nahe dem Geburtsort der Atombombe
Plutonium-Konzentration in US-Wandergebiet so hoch wie bei Tschernobyl

In einem Erholungsgebiet nahe dem Geburtsort der Atombombe herrschen so hohe Plutoniumwerte wie bei Tschernobyl. Das besagt eine US-Studie. Durch den Canyon führt ein Wanderweg. Die Behörden halten das Verseuchungsrisiko für unbedenklich.
Publiziert: 27.08.2024 um 01:11 Uhr
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Aktualisiert: 27.08.2024 um 13:41 Uhr
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Eigentlich ein schönes Wandergebiet: Der Kinnikinnik Park im Acid Canyon im US-Bundesstaat New Mexico. Unweit davon liegt Los Alamos, der Geburtsort der Atombombe.
Foto: Screenshot Searchlight New Mexico

Auf einen Blick

  • Studie zeigt extreme Plutoniumverseuchung im Acid Canyon
  • Das Gebiet ist ähnlich stark verseucht wie Tschernobyl
  • Von 1943 bis 1963 wurden radioaktive Abfälle entsorgt
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Daniel KestenholzRedaktor Nachtdienst

«Das ist eines der schockierendsten Dinge, über die ich jemals in meinem Leben gestolpert bin» – Worte von Michael Ketterer, einem emerierten Professor für Chemie und Biochemie an der Northern Arizona University in Flagstaff (USA).

Ketterer hat am 15. August eine Studie zu extremer Plutoniumverseuchung in einem Wandergebiet präsentiert. Das Los Alamos National Laboratory, das die ersten US-Atomwaffen entwickelte, hatte von 1943 bis 1963 flüssige und oft radioaktive Abfälle in einer Schlucht in der Nähe der Forschungsanlagen entsorgt. Das Gebiet bekam den Namen Acid Canyon, Säureschlucht.

Heute ist der Canyon ein Naherholungsgebiet. Der knapp 1,5 Kilometer lange, von Kiefern beschattete Acid-Canyon-Pfad führt durch das Gebiet – das noch heute ähnlich stark verseucht sei wie Tschernobyl, zitiert die britische Zeitung «The Guardian» den US-Wissenschaftler. Das ehemalige sowjetische Kernkraftwerk im Norden der heutigen Ukraine bleibt Sperrzone. Der Acid Canyon ist viel besucht.

«Extremste Plutoniumkontamination»

Das Mitte August Medien vorgestellte, von Ketterer geleitete Studienprojekt spricht von «extremen Konzentrationen» an Plutonium in der Nähe des Geburtsortes der Atombombe. Doch Forderungen, das Gebiet zu dekontaminieren, würden von der US-Regierung ignoriert.

«Was ich hier im Acid Canyon gefunden habe, ist so ziemlich die extremste Plutoniumkontamination, die ich in meiner Karriere ausserhalb des Los-Alamos-Labors gesehen habe», sagte Ketterer vor Journalisten.

Er verglich die Proben mit Werten, die in der Nähe des Kernkraftwerks Tschernobyl herrschen. Eine gewaltige Explosion hatte dort am 26. April 1986 massive Mengen an radioaktivem Material freigesetzt. Um die stillgelegten Reaktoren herrscht noch heute eine 30-Kilometer-Sperrzone.

Kernstück von Atomwaffen

Die radioaktiven Isotope im Acid Canyon nahe Los Alamos seien «für alle sichtbar versteckt», so Ketterer. Die Verstrahlungsgefahr sei gering, räumt Ketterer ein. Das Umweltrisiko sei dennoch besorgniserregend. Das Plutonium gelange ins Grundwasser und fliesse schliesslich in den Rio Grande.

Der im Erdreich lagernde, radioaktive Giftmüll gelange zudem über Pflanzen in die Nahrungskette oder verbreite sich im Falle eines Waldbrandes in der Asche.

Ketterer und sein Team veröffentlichten die Studie nach der Ankündigung des US-Verteidigungsministeriums, die Produktion von Plutoniumkernen in Los Alamos zu erhöhen. Diese Kerne sind das Kernstück von Atomwaffen.

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