Menschen bummeln über den Strassburger Weihnachtsmarkt, trinken Glühwein. Plötzlich fallen Schüsse. Cherif Chekatt (29) eröffnet das Feuer auf die Besucher, zückt danach ein Messer. Sein Terrorakt endet blutig: Zwei Tote und mehr als zehn Verletzte. Seitdem ist der Attentäter auf der Flucht.
Nicht zum ersten Mal wurde ein Weihnachtsmarkt zum Anschlagsziel. Bereits 2016 traf es Berlin. Am 19. Dezember rast Lastwagenattentäter Anis Amri (†24) mit einem tonnenschweren Sattelzug in die Weihnachtsmarkt-Besucher. Die traurige Bilanz damals: elf Tote, 55 Verletzte.
Auch an Schweizer Weihnachtsmärkten geht die Angst nach dem Terror von Strassburg um. Die Frage ist: Wie sicher sind sie? Der Schweizer Nachrichtendienst des Bundes stuft die Terrorgefahr schon seit Jahren als «erhöht» ein. BLICK hat sich auf allen grossen Märkten umgehört.
In St. Gallen wurden Poller aufgestellt
Was in Strassburg passiert ist, gibt in St. Gallen zu denken. Bernhard Steffen, Marktchef des St. Galler Weihnachtsmarkts, zeigt sich beunruhigt ob der Terrorgefahr. «Wir haben Poller aufgestellt, dass niemand mit einem Fahrzeug in den Weihnachtsmarkt rein rasen kann», sagt Steffen zu BLICK. Von Polizisten mit Maschinengewehren im Anschlag hält er nicht viel: «Das beunruhigt die Leute nur unnötig.»
Die Stadtpolizei St. Gallen ist dennoch präsent. «Den Vorfall haben wir natürlich im Auge», sagt Polizeisprecher Dionys Widmer. Aber: «Für das Sicherheitsdispositiv hat es erst mal keine Auswirkungen.»
Basel reagiert sofort auf Strassburg-Anschlag
Ganz anders in Basel-Stadt. «Wir haben das Sicherheitsdispositiv für die Weihnachtsmärkte wegen Strassburg angepasst und verstärkt», sagt der Basler Polizeisprecher Toprak Yerguz. Konkretere Angaben wollte er aus polizeitaktischen Gründen aber nicht machen.
Über die Erhöhung der Sicherheit ist Gabriel Barell, Direktor des Gewerbeverbands Basel-Stadt und Präsident des Vereins Basler Weihnacht, froh. Aber er bleibt realistisch: «Die Gefahr durch Terroranschläge ist eine Tatsache. So etwas ist leider überall und jederzeit möglich.»
Vertrauen in die Zürcher Polizei
Angst geht aber deswegen keine in Zürich um. Auch nicht nach Strassburg. «Ich fühle mich trotz der Anschläge sicher am Weihnachtsmarkt», sagt Adrian Gloor (42). Er verkauft Strickwaren im Zürcher Weihnachtsdorf. Seinen Stand wird er nicht aufgeben. «Das Leben ist zu schön, um sich von Terroristen einschüchtern zu lassen.»
Die Stapo Zürich hat wegen des Anschlags in Strassburg heute eine Sitzung einberufen. «Die Sicherheitslage wird neu beurteilt. Wir entscheiden, welche Massnahmen wir einleiten werden», so Stapo-Sprecher Marco Cortesi.
Über die Polizeipräsenz am Weihnachtsmarkt ist Katja Weber froh. Sie ist Co-Organisatorin des Zürcher Weihnachtsdorfes. «Wir haben grosses Vertrauen in die Stadtpolizei Zürich», sagt sie.
In Bern wird Sicherheitslage stetig geprüft
In Bern findet der Weihnachtsmarkt traditionell auf dem Waisenhausplatz statt. Veranstaltet wird dieser von der Berner Marktkommission. Für deren Vorsitzenden Oliver Jaggy ist der Anschlag auf dem Strassburger Weihnachtsmarkt kein Grund zur Besorgnis. «In Bern gibt es das gleiche Sicherheitsdispositiv wie letztes Jahr», sagt Jaggy. Und dem vertraue er.
Die Kapo Bern will erst einmal an dem bestehenden Sicherheitsdispositiv festhalten, wie Kapo-Sprecher Dominik Jäggi auf Anfrage bestätigt. Aber: «Natürlich fliesst so ein Ereignis wie in Strassburg mit in unsere ständige Lagebeurteilung ein. Ergeben sich daraus neue Erkenntnisse, ergreifen wir wo nötig zusätzliche punktuelle Sicherheitsmassnahmen.»
Gefühl von Unsicherheit in Baden
In Baden AG ist die Gefahr geringer: Denn dort findet der Weihnachtsmarkt nur während eines Tages statt. Und das ausgerechnet am Tag nach dem Anschlag in Strassburg. Marktfahrerin Andrea Wyss (47) aus Wetzikon ZH hat «ein mulmiges Gefühl». Die 47-Jährige befürchtet: «Auch in der Schweiz kann mal einer durchdrehen.»
Die Stadtpolizei Baden fühlt sich dennoch gut vorbereitet. «Es wird keine kurzfristige Änderung im Sicherheitsdispositiv geben. Der kleine Platz ist gut gesichert», sagt Polizeisprecher Max Roman.
Erika Albert, Zuständige für Märkte bei der Gewerbepolizei Baden: «Was in Strassburg passiert ist, sorgt auch in Baden für grosse Betroffenheit, insbesondere, da es Todesopfer gab», sagt sie. Auch Denise Brändli (34), Lehrerin aus Baden, ist ob der Bluttat schockiert: «Ich finde es mega krass, was in Strassburg passiert ist. Ich war selbst schon auf diesem Markt.» Unlängst habe sie das Gefühl, nirgends mehr sicher zu sein.
Luzerner lassen sich Weihnachtstradition nicht nehmen
Auch Marktverkäufer Helmuth Achermann (62) aus Luzern hat Angst: «Man kann nur hoffen, dass es nicht wieder passiert und auch nicht hier.» Der 62-Jährige verkauft Glühwein und Waffeln auf dem Luzerner Weihnachtsmarkt. Wirklich beruhigen dürfte den Markverkäufer die bedeckte Haltung der Luzerner Polizei. Dort heisst es auf Anfrage: «Zum Sicherheitsdispositiv sagen wir grundsätzlich nichts.» Nur so viel: «Die Lage wird laufend beurteilt und entsprechende Massnahmen werden getroffen.»
Kurt Christen, Geschäftsführer des Vereins Weihnachten Luzern, ist dennoch skeptisch: «Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen ist man letztlich machtlos.» Aus Angst auf den Weihnachtsmarkt zu verzichten, kommt für ihn aber nicht in Frage: «Ich gehe aus Tradition an den Weihnachtsmarkt. Das werde ich mir nicht nehmen lassen.»
Alle aktuellen Infos zum Anschlag auf den Strassburger Weihnachtsmarkt.