Die «Diciotti» ist ein Schiff der italienischen Küstenwache, das immer wieder Flüchtlinge aus Seenot rettet. So auch vor wenigen Tagen, als 190 Bootsflüchtlinge aufgenommen wurden. 13 Menschen, die dringende medizinische Hilfe benötigten, wurden umgehend auf die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa gebracht.
Doch als das Schiff die italienischen Insel Lampedusa anlaufen wollte, legte Italiens Innenminister Matteo Salvini sein Veto ein und untersagte dem Kapitän des Schiffes, einen italienischen Hafen anzulaufen (BLICK berichtete).
Salvinis Begründung: Die Bootsflüchtlinge hätten auf ihrem Weg von Libyen über das Mittelmeer in der zu Malta gehörenden Seenotrettungszone von der maltesischen Küstenwache aufgenommen werden müssen. Die aber hätte die Bootsflüchtlinge stattdessen weiter in Richtung Norden in italienische Hoheitsgewässer eskortiert, wo sie schliesslich von der «Diciotti» an Bord genommen wurden. «Wenn das Europa ist, dann ist das nicht mein Europa», twitterte Salvini daraufhin. «Italien hat schon mehr als genug Flüchtlinge aufgenommen. Das muss allen klar sein, in Brüssel und anderswo. Punktum.»
Malta und Italien im Streit
Also fuhr das Schiff nach Malta, wo es aber auch nicht eingelassen wurde. Und zwar mit einer fadenscheinigen Begründung: Die dortige Regierung behauptete, die Flüchtlinge auf ihrem Boot hätten der maltesischen Küstenwache gegenüber zu verstehen gegeben, dass sie nicht in Seenot seien und ihre Fahrt nach Norden fortsetzen wollten. Das Wortgeplänkel zwischen Rom und Valletta setzte sich fort, wurde immer abstruser, während die Flüchtlinge auf dem Meer bleiben mussten.
Nach mehreren Tagen hiess es gestern aus Italien, das Schiff dürfe in Sizilien einlaufen. Allerdings erst, wenn Europa Garantien abgeben würde, dass die Migranten von anderen Ländern aufgenommen würden: «Entweder entscheidet sich Europa ernsthaft, Italien konkret zu helfen, angefangen zum Beispiel bei den 180 Einwanderern an Bord des Schiffes 'Diciotti', oder wir werden gezwungen sein, das zu tun, was das Geschäft der Menschenhändler für immer beendet", sagte Salvini. «Das heisst, die auf See aufgegriffenen Menschen zurück nach Libyen zu eskortieren.»
Kurz will keine Flüchtlingsschiffe mehr in Europa
Unterstützung erfährt Salvini derzeit von Sebastian Kurz. Österreichs Kanzler telefonierte am Wochenende mit dem maltesischen Regierungschef Joseph Muscat und hat ihm laut Bundeskanzleramt gesagt, dass nicht jedes Schiff in Europa anlegen könne. Laut österreichischen Medien will Kurz sogar einen Anlegestopp für sämtliche Flüchtlingsschiffe in Europa. Schiffe sollten an der EU-Aussengrenze gestoppt werden und die Migranten in die Ursprungsländer oder in ein sicheres Drittland auf afrikanischem Festland gebracht werden.
Allerdings: Eine Rückführung in ein Land wie Libyen, in dem Migranten Missbrauch und Folter befürchten müssen, würde internationales Recht brechen. Darauf haben sowohl die Europäische Union als auch die Vereinten Nationen hingewiesen.
Die EU liess unterdessen verlauten, man werde das Konzept sicherer «Anlandeplattformen» in Ländern ausserhalb der EU für im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge im September weiter diskutieren. Für die 177 Menschen an Bord der «Diciotti» bleibt zu hoffen, dass sie bereits zuvor an Land gehen dürfen. Zwar werden sie mit dem nötigsten Proviant versorgt, doch die Hygiene-Verhältnisse auf dem Schiff sollen von Tag zu Tag schlechter werden.
Die EU streitet über den Umgang mit Flüchtlingen. BLICK zeigt anhand von Daten, wie schlimm die globale Flüchtlingskrise ist. Und wie die Welt, Europa und die Schweiz damit umgehen. Hier lesen Sie weiter.
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