«Sie ist selektiv. Ich sehe einen Verfall des Justizsystems», sagte der Präsident in der Nacht auf Donnerstag (Ortszeit) in einem Interview des Fernsehsenders TN.
Im Korruptionsverfahren gegen Vizepräsidentin Cristina Kirchner hatte die Staatsanwaltschaft zuletzt zwölf Jahre Haft und eine lebenslange Sperre für öffentliche Ämter gefordert. Die Ex-Präsidentin (2007 bis 2015) sei Anführerin einer kriminellen Vereinigung gewesen und habe den Staat um rund eine Milliarde US-Dollar gebracht, sagte Staatsanwalt Diego Luciani in seinem Schlussplädoyer.
Kirchner und ihr verstorbener Ehemann und Ex-Präsident Néstor Kirchner sollen einem befreundeten Bauunternehmer ohne Ausschreibung eine ganze Reihe von öffentlichen Aufträgen beschafft haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft erhielt die Firma des Vertrauten rund 80 Prozent aller öffentlichen Strassenbauaufträge in Kirchners Heimatregion Santa Cruz. Ein Teil der überhöhten Baukosten floss demnach später wieder an das Ehepaar Kirchner zurück.
Präsident Fernández verteidigte Kirchner: «Sie hat keines der Verbrechen begangen, die ihr vorgeworfen werden.» Die linke Regierung in Buenos Aires wirft der Justiz immer wieder vor, aus politischen Gründen gegen ihre Vertreter zu ermitteln.
Für Aufsehen sorgte Fernández, als er auf die Frage, ob Staatsanwalt Luciani wegen seiner Arbeit in Gefahr sei, Verbindungen zu dem Sonderstaatsanwalt Alberto Nisman zog, der 2015 tot in seiner Wohnung aufgefunden wurde. Die Umstände sind bis heute nicht aufgeklärt. «Nisman hat Selbstmord begangen. Ich hoffe, dass Luciani so etwas nicht macht.» Luciani nannte die Aussage besorgniserregend. Der Staatsanwalt steht seit Beginn des Verfahrens gegen Kirchner unter Polizeischutz.
(SDA)