Vor acht Jahren erleidet Sabine Kindschuh aus Oberalba in Thüringen einen Schlaganfall. Als sie wieder aufwacht, spricht die Frau, die noch nie in der Schweiz war, plötzlich Schweizerdeutsch. Oder zumindest einen Akzent mit vielen «ch»-Lauten, den man in Deutschland für Schweizerdeutsch hält.
«Ich habe die Bettdecke über den Kopf gezogen und untendrunter gesprochen, aber das ging nicht weg. Ich war auf einmal Schweizerin», erinnert sich die 57-Jährige. «Ich bekomme jetzt noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke.»
«Es gab viel Ablehnung»
Sabine Kindschuh geht durch die Hölle. Bekannte wenden sich von ihr ab, weil sie glauben, sie veralbere sie. Ärzte schicken sie zum Psychologen, weil sie denken, sie sei nicht mehr normal.
«Es gab viel Ablehnung», sagt Kindschuh. «Innerlich bin ich fast zerbrochen.»
Seltene Störung
Dann diagnostiziert ein Neurologe bei der Frau das sogenannte Fremdsprachen-Akzent-Syndrom – eine enorm seltene Schädigung des Sprachzentrums im Hirn.
Sie führt dazu, dass die Betroffenen innerhalb kurzer Zeit ihre Sprachmelodie ändern. Aussenstehende interpretieren das häufig als einen Akzent einer Fremdsprache oder als plötzlich auftretender Dialekt. Nur eine Handvoll Fälle wurden bisher beschrieben.
Beste Unterhaltung
Inzwischen hat Kindschuh ihre «neue Identität» akzeptiert. Im Familienkreis, berichtet «inSüdthüringen.de», sorge sie mit ihren Reden «auf Schwitzertütsch» immer wieder für beste Unterhaltung.
Und überhaupt, so heisst es, sei sie seit dem Vorfall ein sehr «aufgeschlossener Typ» geworden. Eine richtige Schweizerin eben. (bau)