Nach Rücktritt von Südafrikas Präsident Zuma
Aufbruchstimmung im Land des Regenbogens

Am Ende hatte Jacob Zuma keine Wahl mehr: Der skandalumwitterte Präsident Südafrikas musste zurücktreten. Sein Nachfolger wird übermenschliches leisten müssen, um das Land wieder in die Spur zu setzen.
Publiziert: 18.02.2018 um 21:25 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 20:15 Uhr
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Zulu-König Zwelithini (im Leopardenfell) lehrt den neuen südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa (3. von links) und ANC-Mitglieder einen Stammestanz der Zulu.
Foto: Getty Images
Johannes von Dohnanyi

Am Ende seiner neunjährigen Amtszeit war der Präsident nur noch beleidigt. Er verstehe weder die Rücktrittsforderungen seiner Partei African National Congress (ANC) noch das vom Parlament angedrohte Misstrauensvotum, greinte Jacob Zuma am vergangenen Mittwoch in die Kameras: «Die Menschen lieben mich doch!»

Welch ein Realitätsverlust! Genau wie der erst vor kurzem gestürzte simbabwische Diktator Robert Mugabe, befand die Zeitung «Cape Times», sei auch der Präsident Südafrikas dem Ich-bin-ein-grosser-­Afrikaner-Syndrom erlegen.

Und genau wie Mugabe – eine Eliteeinheit der Polizei hatte gerade das Luxusanwesen des mit dem Präsidenten verhandelnden Gupta-Clans gestürmt – verschwand Zuma wenige Stunden später im politischen Nichts. Wenige Sätze nur noch, dann die Rücktrittserklärung – «Zum Wohle der Nation und der Partei».

Einen Tag später wurde der 65-jährige ehemalige Freiheitskämpfer, Gewerkschaftsboss und Erfolgsunternehmer Cyril Ramaphosa von der ANC-Mehrheit im Kapstädter Parlament als neuer Präsident der Regenbogennation vereidigt. Bessere Bildungschancen, wirtschaftliches Wachstum, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der grassierenden Korruption versprach er. Für Südafrika, schrieben die Medien, sei «ein neuer Tag angebrochen». Und in den Social Media wurde Zumas Abgang mit dem Sturz des Apartheid-Regimes vor 24 Jahren verglichen: «Endlich wieder Freiheit!»

Es stimmt: Nach langer Agonie haben sich die südafrikanische Demokratie und die Zivilgesellschaft erfolgreich gegen den selbstherrlichen Kleptokraten Jacob Zuma und seine Klientel gewehrt. Doch ob der Jubel über den Wechsel an der Staatsspitze berechtigt war, muss sich erst noch weisen.

Denn auch der aus dem Township Soweto stammende Ramaphosa ist nicht unumstritten. Als Südafrikas Minenarbeiter 2012 für bessere Arbeitsbedingungen streikten, forderte der vom Gewerkschaftsgründer in den Aufsichtsrat des Minenbetreibers Lonmin gewechselte Multimillionär ein hartes Durchgreifen. Mehrere Dutzend Streikende wurden von den Sicherheitskräften erschossen.

Aber jetzt geht es erst einmal um das skandalöse Erbe von Jacob Zuma. Jetzt werden die Gerichte wohl über den Swimmingpool, den Marmorboden und andere ­«Sicherheitsmassnahmen» befinden, die sich der Ex-Präsident auf Staatskosten für seinen pompösen Landsitz gönnte. Vielleicht werden auch die Vergewaltigung der HIV-infizierten Tochter eines Freundes und andere Sexskandale des praktizierenden Polygamisten endlich aufgearbeitet.

Sportwagen und goldene Uhren

Vor allem aber werden Jacob Zuma und die vor einem Vierteljahrhundert aus Indien eingewanderten Gupta-Brüder ihren Reichtum erklären müssen. Aus dem Nichts hat der Clan ein Milliardenimperium aufgebaut. Immer wieder gab es Hinweise, dass der Präsident und sein Kabinett von ihren Geschäften direkt profitierten. Sogar die Supersportwagen und goldenen Uhren von Zumas ältestem Sohn sollen die Guptas finanziert haben.

Eines ist sicher: Der südafrikanischen Justiz steht viel Arbeit bevor.

Fast ein Vierteljahrhundert nach dem Ende der Apartheid ist von Nelson Mandelas Traum einer demokratischen Gesellschaft, in der Schwarze und Weisse gleichberechtigt miteinander leben, nicht viel übrig geblieben. Etwa jeder dritte schwarze Südafrikaner ist arbeitslos. Das Bildungsversprechen für die ärmere Bevölkerung ist nie eingelöst worden. Die Wirtschaft stagniert seit Jahren. Südafrikas Städte zählen zu den gefährlichsten Orten der Welt.

Wie weit Zuma das ressourcenreiche Land heruntergewirtschaftet hat, zeigt sich in diesen Tagen in Kapstadt. Weil in den bisher verhätschelten «Gated Communities» die Gärten bewässert und die Pools ständig neu befüllt werden, geht der Millionenstadt am Tafelberg das Wasser aus. In den ärmeren Townships tröpfelt es nur noch aus den Leitungen. Die sozialen Spannungen in der Wirtschaftsmetropole wachsen schneller, als der neue Präsident sie lösen kann.

Jacob Zuma konnte sich auch wegen des bestehenden Wahlrechts so lange an der Macht halten. Südafrikas Wähler können sich nur für eine Partei entscheiden. Aber wen sie dann ins Parlament schicken, kungeln die Spitzen der Parteien hinter verschlossenen Türen aus. Weil das Parlament den Präsidenten ernennt, erlebt Südafrika mit jeder neuen Regierung ein neues und reformfeindliches Geflecht gegenseitiger Abhängigkeiten.

Um diese systemimmanente Korruption zu bekämpfen, müsste Ramaphosa die Änderung des Wahlrechts gelingen. Nur dann kann Südafrikas neuer Präsident seine Reformversprechen umsetzen. Ob die Abgeordneten des an die Macht gewöhnten ANC dafür aber auf lieb gewonnene Privile­gien verzichten wollen, ist allerdings alles andere als sicher.

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