Türkei-Präsident wütet nach Putschversuch weiter
Erdogan schliesst Dutzende Zeitungen und TV-Stationen

Die türkische Führung nutzt den versuchten Militärputsch, um die Pressefreiheit im Land weiter massiv einzuschränken. 45 Zeitungen und 16 TV-Stationen würden geschlossen.
Publiziert: 27.07.2016 um 22:05 Uhr
|
Aktualisiert: 11.09.2018 um 05:42 Uhr
Türkische Regierung schliesst zahlreiche Zeitungen und Sender
1:30
Erdogan wütet weiter:Türkische Regierung schliesst zahlreiche Zeitungen und Sender

Erdogans «Säuberungswelle» geht weiter: Die türkische Regierung hat die Schliessung von Dutzenden Medienhäusern angeordnet. Das teilte ein Behördenvertreter heute Abend mit und bestätigte damit ein Regierungsdekret, das im Amtsblatt veröffentlicht wurde. 45 Zeitungen, 16 Fernsehsender, 23 Radios, 15 Zeitschriften, 29 Verlagshäuser sowie drei Nachrichtenagenturen müssen demnach ihre Arbeit einstellen.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Die Regierung hat eine Liste mit den betroffenen Medien im Amtsblatt veröffentlicht – hier ein Ausschnitt.

Laut dem Sender CNN-Türk sind unter anderen die Nachrichtenagentur Cihan, der pro-kurdische Sender IMC TV und die oppositionelle Tageszeitung «Taraf» betroffen.

Plötzlich lächelt Erdogan von der Titelseite

Am Mittwoch erliess die Justiz zudem Haftbefehle gegen 47 frühere Mitarbeiter der Zeitung «Zaman». Das Blatt war bis zur staatlichen Übernahme das Flaggschiff der Bewegung von Prediger Fethullah Gülen, den Präsident Recep Tayyip Erdogan für den Putschversuch verantwortlich macht.

Als die Zeitung im März unter Zwangsverwaltung gestellt wurde, drangen Polizisten in die Redaktionsräume ein, Chefredaktor Abdülhamit Bilici wurde gefeuert. Zwei Tage später erschien «Zaman» mit ausschliesslich regierungsfreundlichen Artikeln, von der Titelseite lächelte Präsident Erdogan.

Ein Regierungsmitarbeiter rechtfertigte die Haftbefehle gegen die Ex-«Zaman»-Mitarbeiter damit, dass die Gesuchten detaillierte Kenntnisse über das Netzwerk um Gülen hätten.

Allerdings sind auch Haftbefehle gegen linksorientierte Journalisten wie Sahin Alpay ausgestellt worden. Diese Menschen können aufgrund ihrer Weltsicht kaum der religiös geprägten Gülen-Bewegung zugerechnet werden. Damit wuchsen Sorgen, Präsident Erdogan wolle die Opposition ausschalten.

Gülen: «Erdogan erpresst die USA»

Gülen selbst, der in den USA lebt und jede Verwicklung in den Putsch von sich weist, forderte am Dienstag die US-Regierung auf, sich dem türkischen Auslieferungsgesuch zu widersetzen. «Der türkische Präsident erpresst die Vereinigten Staaten», schrieb Gülen in einem Beitrag für die «New York Times».

Auch gegen mutmassliche Putschisten in der Armee geht Erdogan weiter vor: Wegen ihrer mutmasslichen Verwicklung in den Putschversuch wurden 149 Generäle und Admiräle unehrenhaft aus der Armee entlassen, wie ein türkischer Behördenvertreter am Abend mitteilte. Demnach gehörten 87 der Geschassten dem Heer, 30 der Luftwaffe und 32 der Marine an. Laut dem Regierungsdekret wurden zudem 1099 Offiziere entlassen.

Seit Putschversuch über 15 000 Festnahmen

Insgesamt wurden nach dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli mehr als 15'000 Menschen festgenommen, darunter viele Armeeangehörige, mindestens 8000 sind immer noch in Gewahrsam.

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon äusserte sich besorgt über die Verhaftungswelle in der Türkei. In einem Telefongespräch mit dem türkischen Aussenminister Mevlut Cavusoglu sagte Ban laut einem Sprecher am Mittwoch, es müssten schnell «glaubhafte Beweise» vorgelegt werden, damit der Status der Festgenommenen jeweils vor Gericht geklärt werden könne.

Seit dem Putschversuch vor knapp zwei Wochen wurden nach früheren Angaben über 60'000 Militärangehörige, Beamte, Lehrer und andere Staatsbedienstete entlassen, versetzt oder festgenommen.

Die Vereinigung der Europäischen Journalisten hat das Vorgehen der türkischen Führung in einer Resolution jüngst scharf kritisiert. Die Türkei belegt derzeit den 151. Platz von 180 auf der internationalen Rangliste in Sachen Presse- und Meinungsfreiheit – und dürfte angesichts der jüngsten Entscheide weiter nach hinten rutschen. (SDA/lha/sin)

Dutzende hohe Militärs entlassen

Auch gegen mutmassliche Putschisten in der Armee geht Ankara weiter vor: Wegen ihrer mutmasslichen Verwicklung in den Putschversuch wurden 149 Generäle und Admiräle unehrenhaft aus der Armee entlassen, teilte ein Behördenvertreter heute mit. Demnach gehörten 87 der Geschassten dem Heer, 30 der Luftwaffe und 32 der Marine an. Laut dem Regierungsdekret wurden zudem 1099 Offiziere entlassen.

Auch gegen mutmassliche Putschisten in der Armee geht Ankara weiter vor: Wegen ihrer mutmasslichen Verwicklung in den Putschversuch wurden 149 Generäle und Admiräle unehrenhaft aus der Armee entlassen, teilte ein Behördenvertreter heute mit. Demnach gehörten 87 der Geschassten dem Heer, 30 der Luftwaffe und 32 der Marine an. Laut dem Regierungsdekret wurden zudem 1099 Offiziere entlassen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?