Eine Woche nach einem Misstrauensvotum im Parlament hat der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven (63) seinen Rücktritt eingereicht. Das gab der 63 Jahre alte Chef der Sozialdemokraten am Montag in Stockholm bekannt.
Der Chef der Sozialdemokraten sagte bei einer Pressekonferenz, angesichts der Pandemie sei eine Neuwahl nicht das Beste für Schweden, da nur noch ein Jahr bis zur Parlamentswahl verbleibe. Löfven hatte nach dem Misstrauensvotum eine Woche Zeit, um sich zwischen den Optionen Rücktritt und Neuwahl zu entscheiden.
Der Präsident des Reichstags muss nun einen Kandidaten finden, der den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung erhalten soll. Stefan Löfven könnte also eine neue Chance bekommen. «Ich stehe zur Verfügung, um eine Regierung zu führen, die der Reichstag tolerieren kann», sagte Löfven.
Zum Misstrauensvotum war es wegen der Lockerung gekommen, die Löfven bei der Deckelung von Mietpreisen bei neuen Wohnungen angekündigt hatte. Es bot Anlass dazu, dass Parteien von Links bis Rechts ihre Kritik loswerden konnten.
Probleme mit Einwanderung
Die Linkspartei, die lange treu zu Löfven gehalten hatte, ärgert sich über den Verlust über die Kontrolle bei Mietzinspreisen. Die Christdemokraten kritisieren Löfvens verhaltenes Vorgehen gegen die wachsende Kriminalität und Arbeitslosigkeit, die bei neun Prozent liegt.
Ein kürzlich veröffentlichter Bericht der schwedischen Regierung zeigt, dass Schweden europäischer Spitzenreiter ist, was die tödliche Schusswaffengewalt angeht. Die Gewalt geht meistens von Banden aus, deren Mitglieder eingewandert waren.
«In die falsche Richtung»
Auch die bürgerlich-konservativen Moderaten, neben Löfvens Sozialdemokraten traditionell die stärkste Kraft im Reichstag, wollen Schweden auf einen neuen Kurs bringen. «Schweden entwickelt sich seit mehreren Jahren in die falsche Richtung», schrieb Parteichef Ulf Kristersson (57) auf Instagram.
Die Regierung habe bei den wirklich grossen Themen der heutigen Zeit versagt. «Innere Blockaden verhindern, dass sie Schwedens grosse Probleme anspricht und alle Möglichkeiten im Land ausschöpft», schreibt Kristersson. Löfven sei dafür verantwortlich, dass sich die Regierung in einer Krise befinde. Kristersson: «Schweden verdient eine bessere Regierung.»
Löfven hatte gewarnt, dass es unverantwortlich sei, Schweden während der Covid-Pandemie in die Krise zu stürzen. Schweden wurde von Corona wegen seiner lockeren Massnahmen besonders stark getroffen. Bisher sind 14’500 Menschen an Covid gestorben, in der Schweiz sind es 10’800.
Mit Löfven gegen Rechte
Löfven regiert Schweden seit 2014. Nach den Wahlen im September 2018 trat er erst im Januar 2019 erneut sein Amt an. Zuvor hatten komplizierte Verhandlungen die Tolerierung seiner neuen rot-grünen Regierung durch zwei kleine Überläufer-Parteien aus dem bürgerlichen Lager und die Linkspartei garantiert.
Der Tolerierungspakt kam damals nur zustande, weil sich die Parteien alle einig waren in der Ablehnung der rechtspopulistischen Schwedendemokraten (SD). Eine Minderheitsregierung des bürgerlichen Lagers, unter Führung des Moderaten Kristersson, wäre 2019 nur denkbar gewesen, wenn sie von den SD geduldet worden wäre.
Bisher gab es in Schweden elf Misstrauensvoten. Alle waren bisher gescheitert. (gf)