Weit weg, doch die Satellitenbilder sind schockierend. Grösser als die Schweiz war die Aschewolke nach dem gewaltigen Vulkanausbruch vor Tonga.
«Die Infrastruktur ist zerstört. Die Regierung ist noch dabei, sich ein Bild von der Lage zu machen, aber wir wissen zum Beispiel, dass zwei kleine Inseln sehr, sehr stark betroffen sind und auf einer alle Häuser zerstört wurden. Da steht wirklich nichts mehr», sagt die Unicef-Mitarbeiterin Sarah Hündgen (34), die von Fidschi aus Hilfe für den Inselstaat koordiniert, zu Blick.
«Dazu kommt der emotionale Schaden. Wenn einfach eine komplette Nation mit etwas mehr als 100'000 Menschen in ihrer Lebensgrundlage dermassen bedroht wird und so eine Naturkatastrophe erleben muss, ist das traumatisierend.»
Asche vor jeder Haustür – aber nur drei Todesopfer
Die Regierung schätze, dass mindestens 84 Prozent direkt von dem Vulkanausbruch betroffen sind. Hündgen: «Und wenn man sich anschaut, dass einfach das komplette Land von Vulkanasche bedeckt ist, dann sind wir in Wirklichkeit bei 99 Prozent.» Sie erwarte, dass bald genaue Daten vorliegen.
Immerhin, auch eine halbwegs gute Nachricht gibt es: bislang wurden erst drei Todesopfer erfasst. Die Zahl könne zwar auch höher liegen, so Hündgen, doch es zeige auch, dass der Katastrophenschutz und Notfallpläne funktionierten. «Die Regierung steht jetzt auch nicht hilflos da, sondern macht einen richtig guten Job und unternimmt alle Schritte, die notwendig sind», sagt Hündgen anerkennend.
Königreich gilt als extrem gefährdet
Der Inselstaat Tonga gilt als stark gefährdet: Im Weltrisikobericht 2021 liegt Tonga auf Rang 3 der Länder mit dem weltweit höchsten Risiko für extreme Naturkatastrophen. Bereits mehrfach erschütterten Erdbeben und Zyklone die Inseln und ihre Bewohner. Auch dass der unterseeische Vulkan Hunga-Tonga-Hunga-Ha'apai ausbrechen kann, wurde befürchtet – bereits seit Dezember war er immer wieder aktiv.
«Wir haben in der Vergangenheit bereits 80 Freiwillige vor Ort geschult, die jetzt psychosoziale Hilfe für Kinder und ihre Familien leisten können», berichtet Unicef-Mitarbeiterin Hündgen. Mit Spielzeugen, Bällen und Kinderbüchern sollen möglichst schnell kinderfreundliche Plätze eingerichtet werden.
Besonders dringend werde ausserdem Trinkwasser benötigt – denn viele der Inselbewohner gewinnen das normalerweise aus Regenwasser, das nun kontaminiert ist. Immer mehr Staaten schicken bereits Hilfsgüter in das teilweise schwer verwüstete Königreich.
Nach dem Tsunami befürchtet Tonga nun eine Corona-Welle
Grossbritannien etwa will mit Neuseeland und Australien zusammenarbeiten, um Trinkwasser, Zelte und Schutzausrüstung anzuliefern, teilte Aussenministerin Liz Truss am Freitag mit. Die humanitäre Hilfe solle die zum Commonwealth gehörende Pazifiknation dabei unterstützen, die Folgen des «katastrophalen Ereignisses» zu bewältigen.
Doch der Inselstaat fürchtet sich auch teilweise vor den Helferinnen und Helfern. Denn die könnten das Coronavirus mitbringen, das auf den Inseln bisher im Griff war – bislang wurde erst ein Fall nachgewiesen. Vielleicht kann aber auch die Impfrate das Schlimmste verhindern: 96 Prozent aller Inselbewohner über 12 Jahren hat bereits mindestens eine Impfdosis erhalten.