Nach Kölner Skandalnacht
Ministerpräsidentin rechnet nicht mit Ausschaffungen

Nach den Silvester-Übergriffen steigen die Zahlen der Anzeigen und namentlich bekannten Verdächtigen. Die Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens, Hannelore Kraft, sieht aber geringe Chancen, gefasste Täter abzuschieben.
Publiziert: 12.01.2016 um 07:52 Uhr
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Aktualisiert: 15.10.2018 um 07:58 Uhr
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft glaubt nicht daran, dass Täter der sexuellen Übergriffe nach einer Verurteilung ausgeschafft werden können. (Archivbild)
Foto: KEYSTONE/EPA/HANNIBAL HANSCHKE

«Das sind Menschen aus Algerien und Marokko in der überwiegenden Zahl. Selbst wenn die jetzt was begehen und sie werden verurteilt und wir könnten sie theoretisch abschieben, dann haben wir das Problem, dass die gar nicht aufgenommen werden von den Ländern», sagte Kraft in der ARD-Talkrunde «Hart aber fair» am Montagabend.

«Wir kriegen überhaupt gar keine Ersatzpapiere, das heisst, wir können die gar nicht abschieben. Das sind alles Dinge, die müssen wir verändern», sagte die SPD-Politikerin.

Gestern vor dem Kölner Dom: Demonstranten fordern «Keine Gewalt gegen Frauen».
Foto: AFP

Fehler der Polizei, nicht der Politik

Wie zuvor ihr Parteikollege und Landesinnenminister Ralf Jäger sieht sie keine Verantwortung bei der Politik, sondern bei der Kölner Polizeiführung. Kraft teilte Jägers Auffassung: Als die Nacht anders verlaufen sei als erwartet, habe die Polizei keine Einsatzkräfte nachgefordert, sagte sie. «Und da lag das Problem.» Aus der Opposition ertönten derweil Rücktrittsforderungen an Jäger.

«Man muss sich keine Illusionen machen, dass Männer aus anderen Ländern, in denen sie lernen, dass Frauen minderwertig sind, dann einfach bei uns den Schalter umlegen können. Das funktioniert selbstverständlich nicht.» Jacqueline Badran (SP/ZH)
Foto: ZVG

Unterdessen ist die Zahl der Strafanzeigen und der namentlich bekannten Verdächtigen aus der Silvesternacht in Köln weiter gestiegen. Mittlerweile bearbeite die Ermittlungsgruppe «Neujahr» 553 Anzeigen, wie die Kölner Polizei am Montagabend mitteilte. In etwa 45 Prozent der Fälle werde unter anderem wegen Sexualdelikten ermittelt.

Täter überwiegend Asylsuchende und Illegale

Bislang lägen der Landespolizei Hinweise auf 23 namentlich bekannte Personen vor, die für Straftaten am und im Hauptbahnhof verantwortlich sein könnten. Deutsche Medien berichten unter Berufung auf einen Polizeibericht, dass die Verdächtigen hauptsächlich aus nordafrikanischen Ländern stammen und mehrheitlich als Asylsuchende oder Illegale in Deutschland sind.

Mit Hilfe von Videoaufnahmen und Zeugenaussagen werde geklärt, ob den Verdächtigen konkrete Straftaten zugeordnet werden könnten. Die Bundespolizei hatte weitere 32 Verdächtige ermittelt, überwiegend Asylbewerber.

Es flogen Steine und Böller

Im Nachgang zu Köln war es am Montagabend in den Städten Leipzig und Potsdam zu teilweise heftigen Ausschreitungen am Rande von Kundgebungen gekommen. Rund 250 Hooligans aus der rechten Szene zogen durch den für seine links-autonome Szene bekannten Leipziger Stadtteil Connewitz und legten eine Spur der Verwüstung. Die Polizei nahm Personalien von 211 Verdächtigen auf.

Gleichzeitig gingen in Leipzigs Innenstadt auch Anhänger des fremdenfeindlichen Pegida-Ablegers Legida auf die Strasse. Es kamen über 3000 Menschen. An verschiedenen Gegenkundgebungen - unter anderem hatte Leipzigs Oberbürgermeister zu einer Lichterkette aufgerufen - beteiligten sich in etwa gleich viele Menschen. Diese Demonstrationen blieben offenbar friedlich.

Zu Ausschreitungen kam es dagegen in Potsdam, wo knapp 100 Pegida-Anhänger und mehrere hundert Gegendemonstranten aufeinander trafen. Nach Angaben der Polizei versuchten Pegida-Gegner, Teilnehmer des sogenannten «Abendspaziergangs» anzugreifen.

Es flogen Steine und Böller, auch abgerissene Verkehrsschilder und Mülltonnen wurden geworfen. Augenzeugen berichteten von kleineren Rangeleien mit Polizisten. Die Beamten setzten Pfefferspray ein. Mehrere Polizisten wurden verletzt. (SDA)

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