Von der Leyen wird von Erdogan auf Couch verwiesen
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«Ähhhm?!»:Von der Leyen wird von Erdogan auf Couch verwiesen

Nach Erdogan-Sofagate wird der EU-Ratspräsident als «Leichtgewicht» beschimpft
Warum löste Michel die peinliche Szene nicht auf?

Auch zwei Tage nach dem Treffen zwischen EU-Spitze und Erdogan sorgt die Sitzordnung für Diskussionen. Besonders Ratspräsident Charles Michel bekommt sein Fett weg.
Publiziert: 08.04.2021 um 11:22 Uhr
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Aktualisiert: 10.04.2021 um 22:24 Uhr
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«Ähhhm?!» kommentierte die EU-Chefin, als die beiden Herren ohne sie Platz nahmen.
Foto: AFP

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan (67) verbannte EU-Chefin Ursula von der Leyen (62) aufs Sofa – ein offensichtlicher Affront gegenüber der EU-Chefin. Doch Kritik kassiert vor allem der Mann neben Erdogan.

Denn: Der Belgier Charles Michel (45), Präsident des Europäischen Rates und damit Vorsitzender der 27 Staats- und Regierungschefs, hatte ohne grosses Zögern neben Erdogan Platz genommen – während Ursula von der Leyen den peinlichen Moment verdattert mit einem deutlichen «Ähhhm?!» kommentierte. Pikantes Detail: Bei dem Treffen ging es unter anderem um Frauenrechte.

«Michel wollte Erdogan gefallen»

Besonders vernichtend fiel das Urteil von «Politico» aus. Das Sofagate habe gezeigt, dass Michel ein «Leichtgewicht» sei: «Was das Sofagate für Michel zutiefst schädlich macht, ist, dass es nicht als Kritik an diplomatischen Canapés abgetan werden kann. Wenn die EU es ernst meint mit der Forderung, dass die Türkei die Rechte von Frauen respektiert, dann kann Michel nicht bei der Demütigung von von der Leyen mitmachen.»

«Man kann wählen, ob man eine wertebasierte Aussenpolitik vertritt (...). Michel hat sich anscheinend dafür entschieden, Erdogan zu gefallen, anstatt Gleichheit oder einfachen kollegialen Respekt zu vertreten», schreibt ein Twitter-Nutzer.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir (55) kommentierte: «Solche Zeichen setzen autoritäre Unterdrücker & Machos wie Putin, Erdogan & Co bewusst. (...) Kann man sich gefallen lassen, muss man nicht. Respekt bekommt man so jedenfalls nicht bei den Herren!»

Michels Stab stimmte Sitzordnung angeblich zu

Türkische Beamte lehnen laut einem Bericht von «Middle East Eye» die Verantwortung für das Sofagate ab. Sie sagen: Die EU-Delegation habe der Sitzordnung vorab zugestimmt.

Zwischen den beiden Köpfen an der Spitze der EU herrsche eine Rivalität. Ein hochrangiger türkischer Beamter sagte der Nachrichtenseite, Michels Mitarbeiter hätten sich vor dem Besuch auf die Sitzplätze geeinigt. «Es gab jedoch keinen Vertreter des Stabs von Ursula von der Leyen», sagte der Beamte. «Also haben wir ihren Input nicht bekommen.»

Die Beamten hätten dann vor Ort versucht, den Fauxpas wieder gutzumachen, erzählt ein anderer Beamter. Während des Mittagessens habe man der EU-Delegation angeboten, dass Erdogan sowohl Michel als auch von der Leyen gegenübersitze. Doch Michels Stab habe das Angebot angeblich abgelehnt – Michel sass Erdogan dann allein gegenüber, von der Leyen wieder an der Seite.

Michel rechtfertigt sich auf Facebook

Die EU hält sich mit Kritik an der Türkei zurück. EU-Kommissionssprecher Eric Mamer sagte am Mittwoch jedoch gegenüber Medien, dass von der Leyen von dem Vorfall überrascht sei, sie sich jedoch dafür entschieden habe, den Inhalten des Treffens Vorrang vor Fragen der Form oder des Protokolls zu geben.

Charles Michel, der beim Sofagate denkbar schlecht wegkommt, äusserte sich nach heftiger Kritik am späten Mittwochabend schliesslich auf Facebook. «Die Bilder (...) haben den Eindruck erweckt, dass ich in dieser Situation unsensibel gewesen wäre. Nichts könnte weiter von der Realität oder von meinen tiefsten Gefühlen entfernt sein», rechtfertigt er sich. Er sei «traurig», dass «diese Situation» seine «wichtige und nützliche Arbeit» überschatte. (kin)

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