Nach Einigung von ÖVP und FPÖ
Ultrarechte sind im Machtzentrum Österreichs angekommen

Die rechten FPÖ-Demagogen sind im Zentrum von Österreichs Macht angekommen. Ein völkischer Nationalist übernimmt das Innenministerium, ein Ex-Neonazi wird Vizekanzler. Es wird Zeit, laut zu werden, meint SonntagsBlick-Redaktor Fabian Eberhard.
Publiziert: 16.12.2017 um 19:52 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 21:15 Uhr
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Österreichs Ultrarechte sitzt jetzt in der Regierung: Ex-Neonazi HC Strache (r.) und der neue Innenminister Herbert Kickl.
Foto: Reuters
Fabian Eberhard

Was haben wir uns schon aufgeregt! Seit einem Jahr amtet Donald Trump als Präsident der USA – und noch immer gehen Schockwellen durch die europäische Medienlandschaft. Fast täglich zeigen sich Wissenschaftler, Politiker und Bürger erzürnt über seine Tweets, seine Erlasse und sein autokratisches Gehabe.

Seit gestern hat Österreich eine neue Regierung. Die konservative ÖVP und die ultrarechte FPÖ haben ein Koalitionsbündnis geschlossen. Schockiert scheint darob niemand zu sein. Dabei installieren sich in unserem Nachbarland gerade gefährliche Demagogen im Zentrum der Macht.

Fabian Eberhard, Redaktor SonntagsBlick

Besonders schlimm: Der neue Innenminister Herbert Kickl. Unter dem Vizekanzler und Ex-Neonazi HC Strache wird er künftig für die innere Sicherheit verantwortlich sein. Ausgerechnet er! Ein Scharfmacher, ein Aufwiegler, ein rücksichtsloser Ellbogenkämpfer, der mit den dumpfen Instinkten der Masse spielt.

«Daham statt Islam»

Kickl steckt hinter den diskriminierenden FPÖ-Kampagnen. Seine Botschaften sind so krachend wie simpel: «Deutsch statt nix verstehen», «Daham statt Islam». Und: «Mehr Mut für unser Wiener Blut – zu viel Fremdes tut niemandem gut.» Ein völkischer Nationalist als neuer Asyl- und Polizeichef.

Und nun?

Verstörende Stille. Dabei war das nicht immer so: Als die FPÖ im Jahr 2000 in die Regierung kam, ging ein Aufschrei durch Europa. Die EU sprach gar Sanktionen aus. Man fürchtete, dass die rassistischen Aussagen führender FPÖ-Funktionäre auf die Regierungspolitik abfärben könnten.

Und nun?

Nichts dergleichen. Dabei hetzt Kickl seit Jahren offen gegen Andersdenkende und Minderheiten. Er scheut sich auch nicht, an rechtsextremen Veranstaltungen einzuheizen, zuletzt am Kongress «Verteidiger Europas» in Linz, wo er gegen die «linke Jagdgesellschaft» polemisierte und konsequent in der «Wir-Form» redete. Wir: Damit meinte er sich selbst und das Publikum: Neonazis, rechtsextreme Burschenschafter und Verschwörungstheroretiker.

Und nun?

Wenn Leute wie Kickl Organe der Staatsgewalt übernehmen, ist es Zeit, laut zu werden. Erst recht, wenn das für einmal nicht Tausende Kilometer entfernt geschieht, sondern an unserer Landesgrenze.
Niemand braucht über den unheimlichen Nachbarn in Panik zu geraten. Schliesslich teilt sich die FPÖ die Macht mit ihrem grossen Koalitionsparter ÖVP. Der Spielraum der völkischen Elemente in der Regierung dürfte beschränkt bleiben.

Dennoch: Wir müssen auf der Hut sein, die Handlungen und Aussagen der neuen FPÖ-Minister genau beobachten. Wenn Regierungsmitglieder eines europäischen Staates völkische Ansichten vertreten, braucht es Widerspruch. Von Politikern, von Journalisten, nicht zuletzt von Bürgerinnen und Bürgern.

Am Montag will die österreichische Linke dies ein erstes Mal tun. In vielen Städten sind Kundgebungen gegen den Rassismus geplant.

Kernpunkte der neuen Koalition in Österreich
  • EU/Aussenpolitik:
    Sowohl ÖVP als auch FPÖ haben angekündigt, dass die Regierung proeuropäisch sein wird. Sie fordern jedoch, dass sich die EU auf Kernkompetenzen beschränken und den nationalen Entscheidungen mehr Raum lassen soll. Einen EU-Beitritt der Türkei lehnen ÖVP und FPÖ ab.
     
  • Sicherheit:
    Für Gewalt- und Sexualverbrechen soll es härtere Strafen geben. Die Zahl der Polizisten soll im Laufe der Legislaturperiode um 2100 erhöht werden. Der Kampf gegen den politischen Islam soll zu den Prioritäten der neuen Regierung gehören.
     
  • Soziales:
    Neuankömmlinge werden von vielen Sozialleistungen in den ersten fünf Jahren ausgeschlossen. Sozialhilfe soll für Familien auf eine Obergrenze bei 1'500 Euro monatlich beschränkt werden. Für Flüchtlinge soll es weniger Hilfen geben. Die Mindestsicherung für Asylberechtigte soll gekürzt werden. In einigen Sonderfällen soll die Einwanderung erleichtert werden, so z.B. für qualifizierte Arbeiter, sofern in den Bereichen nicht genügend qualifizierte Österreicher zur Verfügung stehen. Weiter soll das Rentensystem reformiert werden. Die 22 Krankenkassen und andere Sozialversicherungsfonds sollen fusionieren, um Kosten zu senken. Kinder dürfen nur mit ausreichenden Deutschkenntnissen eingeschult werden.
     
  • Umwelt:
    Das Verbot von Atomkraftwerken bleibt bestehen. Bis 2030 soll der komplette Strombedarf des Landes aus erneuerbaren Energien stammen. Bislang liegt die Rate bei etwa 33 Prozent. Die Stromproduktion aus Kohle soll vollständig eingestellt werden.
     
  • Steuern/Finanzhaushalt:
    Familien sollen Steuererleichterungen pro Kind und Jahr von 1500 Euro erhalten. Die Lohn- und Einkommenssteuer soll gesenkt werden. Auch die Lohnnebenkosten sollen reduziert werden, ohne Leistungen zu schmälern.
    Öffentliche Ausgaben sollen gekürzt werden, um die Steuerausfälle auszugleichen. Im Wahlkampf war von rund zwölf Milliarden Euro die Rede. Der Umsatzsteuersatz auf Übernachtungen soll auf 10 von derzeit 13 Prozent gesenkt werden. Eine Schuldenbremse soll in die Verfassung geschrieben werden. (SDA)
  • EU/Aussenpolitik:
    Sowohl ÖVP als auch FPÖ haben angekündigt, dass die Regierung proeuropäisch sein wird. Sie fordern jedoch, dass sich die EU auf Kernkompetenzen beschränken und den nationalen Entscheidungen mehr Raum lassen soll. Einen EU-Beitritt der Türkei lehnen ÖVP und FPÖ ab.
     
  • Sicherheit:
    Für Gewalt- und Sexualverbrechen soll es härtere Strafen geben. Die Zahl der Polizisten soll im Laufe der Legislaturperiode um 2100 erhöht werden. Der Kampf gegen den politischen Islam soll zu den Prioritäten der neuen Regierung gehören.
     
  • Soziales:
    Neuankömmlinge werden von vielen Sozialleistungen in den ersten fünf Jahren ausgeschlossen. Sozialhilfe soll für Familien auf eine Obergrenze bei 1'500 Euro monatlich beschränkt werden. Für Flüchtlinge soll es weniger Hilfen geben. Die Mindestsicherung für Asylberechtigte soll gekürzt werden. In einigen Sonderfällen soll die Einwanderung erleichtert werden, so z.B. für qualifizierte Arbeiter, sofern in den Bereichen nicht genügend qualifizierte Österreicher zur Verfügung stehen. Weiter soll das Rentensystem reformiert werden. Die 22 Krankenkassen und andere Sozialversicherungsfonds sollen fusionieren, um Kosten zu senken. Kinder dürfen nur mit ausreichenden Deutschkenntnissen eingeschult werden.
     
  • Umwelt:
    Das Verbot von Atomkraftwerken bleibt bestehen. Bis 2030 soll der komplette Strombedarf des Landes aus erneuerbaren Energien stammen. Bislang liegt die Rate bei etwa 33 Prozent. Die Stromproduktion aus Kohle soll vollständig eingestellt werden.
     
  • Steuern/Finanzhaushalt:
    Familien sollen Steuererleichterungen pro Kind und Jahr von 1500 Euro erhalten. Die Lohn- und Einkommenssteuer soll gesenkt werden. Auch die Lohnnebenkosten sollen reduziert werden, ohne Leistungen zu schmälern.
    Öffentliche Ausgaben sollen gekürzt werden, um die Steuerausfälle auszugleichen. Im Wahlkampf war von rund zwölf Milliarden Euro die Rede. Der Umsatzsteuersatz auf Übernachtungen soll auf 10 von derzeit 13 Prozent gesenkt werden. Eine Schuldenbremse soll in die Verfassung geschrieben werden. (SDA)
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