Nach der Lockerung
Corona-Chaos in Chinas Spitälern

Nach der Lockerung der strengen Null-Covid-Strategie in China müssen viele Spitäler einen Ansturm von Infizierten bewältigen.
Publiziert: 12.12.2022 um 11:37 Uhr
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Aktualisiert: 12.12.2022 um 11:49 Uhr
Nach der größten Protestwelle seit Jahrzehnten hat die chinesische Regierung eine Kehrtwende ihrer strikten Null-Covid-Politik eingeläutet. Foto: Andy Wong/AP/dpa
Foto: Andy Wong

Covid-Chaos in Chinas Spitälern: Kurz nachdem die Regierung die Null-Covid-Strategie gelockert hat, werden zahlreiche chinesische Städte von einer Corona-Welle heimgesucht. In Metropolen wie Peking, Guangzhou, Chengdu oder Shijiazhuang erlebten Spitäler «den ersten Schock einer gigantischen Welle von Infektionen und einen Mangel an Gesundheitspersonal», schrieb das renommierte Wirtschaftsmagazin «Caixin» am Montag und sprach von einem «Covid-Chaos». Notaufnahmen sind überfüllt. In langen Schlangen müssen Hilfesuchende bis zu fünf, sechs Stunden warten – bei teilweise winterlichen Temperaturen.

Mit ihrer radikalen Kehrtwende der Aufhebung der Null-Covid-Strategie wurden Lockdowns beendet und die strenge Testpflicht und zwangsweise Quarantäne oder Isolation weitgehend gelockert. Schon vorher hatte es gleichwohl Anzeichen gegeben, dass die Zahl der Infizierten spürbar anstieg und die Testkapazitäten und behördliche Nachverfolgung der Infektionen längst nicht mehr mithalten konnten.

Omikron-Variante sei hochinfektiös

«Die gegenwärtige Omikron-Mutation ist hoch ansteckend», erklärte der führende chinesische Epidemiologe und Regierungsberater Zhong Nanshan in einem Interview die 180-Grad-Wende der Regierung. Die Epidemie verbreite sich gegenwärtig sehr schnell. «Unter solchen Umständen ist es schwierig, die Übertragungsketten komplett zu unterbrechen – egal wie stark die Vorbeugung und Kontrolle sind.»

Der überraschende Kurswechsel traf viele Spitäler aber weitgehend unvorbereitet. Ein grosses Problem ist es, Covid-Fälle von anderen Patienten zu trennen und das eigene Personal zu schützen. Infizierte stecken vielfach schon Ärzte und andere Mitarbeiter an. «Unser Hospital verfolgt jeden Tag strenge Schutzmassnahmen, aber mit dem Anstieg der Patienten ist die Infektionsrate unter unseren medizinischen Mitarbeitern hoch», zitierte die Zeitung «Zhongguo Shibao» einen Arzt eines Hospitals in der Südprovinz Guangdong.

Das bisherige strenge Vorsichtsprotokoll wird teilweise auch schon gelockert. Eine Ärztin in Peking berichtete, dass sie trotz eigener Infektion weiterarbeiten muss. Auch wird die Definition von Kontaktperson weiter gefasst als bisher. Wo es noch streng gehandhabt wird, sind grosse Teile der Ärzte und Pfleger nicht im Dienst, weil sie selbst infiziert oder als enge Kontakte in Isolation sind.

Menschen trauen sich wegen Angst vor Infektion nicht auf die Strasse

In vielen Apotheken sind Erkältungs- oder Fiebermedikamente sowie Schnelltests ausverkauft. Viele Geschäfte und Restaurants sind etwa in Peking geschlossen. Menschen trauen sich aus Angst vor Infektionen nicht vor die Tür. Die sonst verstopften Strassen der Hauptstadt wirkten am Montag wie leer gefegt. Auch ein Sandsturm verdunkelte die 21-Millionen-Metropole, was nicht nur für die höchsten Smogwerte seit Jahren sorgte, sondern auch für düstere Untergangsstimmung.

Nachdem die Behörden in den vergangenen Monaten eindringlich vor Omikron gewarnt hatten, spielen Staatsmedien die Gefährlichkeit des Virus jetzt herunter und vergleichen die Infektion mit einer gewöhnlichen Grippe. Das sorgt für grosse Verunsicherung. Die Menschen wurden auch eindringlich davor gewarnt, Krankenhäuser aufzusuchen, wenn nicht unbedingt nötig. Vielmehr sollten Patienten die Infektion zu Hause mit Grippemitteln selbst kurieren. Da es in China keine niedergelassenen Ärzte gibt, gehen viele Chinesen sonst auch schon mit kleineren Problemen ins Krankenhaus, um einen Arzt zu sehen.

Vor dem Chaoyang Hospital in Peking standen am Wochenende Menschen stundenlang an, wärmten sich bei kaltem Winterwetter und Temperaturen von maximal sechs Grad mit heissen Fertignudelsuppen. Jüngere Familienmitglieder standen in der Schlange für Ältere an. Experten fürchten, dass die Corona-Welle jetzt besonders ältere Menschen treffen wird, die in China aus Angst vor Nebenwirkungen vielfach nicht ausreichend geimpft sind. Nur 40 Prozent der Menschen, die älter als 80 sind, haben bislang eine Booster-Spritze bekommen.

Führende Epidemiologen sagten nach Angaben der parteinahen Zeitung «Global Times», dass die Infektionswelle innerhalb von einem Monat den Höhepunkt erreichen werde. Da nicht mehr getestet und wohl auch kaum noch gemeldet wird, spiegeln die offiziellen Fallzahlen längst nicht mehr das Geschehen wider. Krankmeldungen in Unternehmen steigen rasant in die Höhe. «Ich kenne allein 25 positive Fälle oder Erkrankte in meinem Umfeld», schilderte eine Pekingerin. Ein anderer schätzte, dass ein Drittel seiner Bekannten krank sei. Auch die deutsche Botschaft in Peking war betroffen: «Krankheitsbedingt» hatte die Rechts- und Konsularabteilung am Montag geschlossen.

(SDA)

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