Nach der Briten-Wahl
Diese Knacknüsse warten auf den Sieger

Gestern gingen die Briten bis spätabends an die Urnen. Egal, wie die Wahl ausgegangen ist – auf den Sieger warten diese sechs Herausforderungen.
Publiziert: 09.06.2017 um 08:54 Uhr
|
Aktualisiert: 02.11.2018 um 09:56 Uhr
1/2
Wird Theresa May (60) von den Konservativen weiterhin Premierministerin bleiben?
Foto: Stephen Lock / i-Images
Adrian Meyer

Gestern haben die Briten ein neues Unterhaus gewählt. Als am Freitagmorgen um 6.30 Uhr 600 von 650 Wahlkreisen ausgezählt waren, war der Fall ziemlich klar: Es kommt zum Patt im Parlament. Labour gewann bis zu dem Zeitpunkt bereits über 30 Sitze dazu, während die Konservativen mehr als ein Dutzend verloren. Die Briten nennen ein solches Parlament ohne klare Mehrheitsverhältnisse «hung parliament».

Egal, ob Theresa May (60) von den Konservativen gewinnt oder Jeremy Corbyn (68) von der Labour-Partei – auf den neuen Premierminister warten stürmische Zeiten. Das sind die sechs grossen Nüsse, die der Wahlsieger zu knacken hat. 

Brexit

Was sonst?! Wegen dem Brexit rief Premierministerin Theresa May überhaupt Neuwahlen aus: Sie wollte ihre Macht festigen, um gestärkt in die mindestens zwei Jahre andauernden Verhandlungen mit der EU zu starten. Mindestens 759 Verträge mit 168 Ländern muss das Land nach dem Brexit neu aushandeln. Grosse Streitpunkte sind die von der EU geforderten 60 Milliarden Euro an Rückzahlungen, die Rechte der rund drei Millionen EU-Bürger in Grossbritannien sowie jene der eine Million britischen Expats in EU-Staaten. 

Schottland und Nordirland

Das Vereinigte Königreich zeigt Risse. So will die Erste Ministerin Schottlands, Nicola Sturgeon (46), nach 2016 ein zweites Mal über die Unabhängigkeit Schottlands abstimmen lassen. Die Schotten würden gegen ihren Willen aus der EU gerissen, sagt sie. Denn eine Mehrheit war beim Brexit-Referendum für einen EU-Verbleib. Genau wie die Nordiren. Dort sorgt man sich um den mühsam erkämpften Frieden zwischen irisch-nationalistischen Katholiken und loyalistischen Protestanten, sollte die Grenze zu Irland wieder dichtgemacht werden.

Islamismus

Nach der Terrorserie in London und Manchester befindet sich Grossbritannien im Alarmzustand. Laut dem britischen Geheimdienst MI5 leben 23'000 Dschihadisten im Land. Davon sind 3000 Gefährder, die überwacht werden. Salafistische Extremisten kontrollieren immer mehr Moscheen, es existiert eine grosse Parallelgesellschaft, die westliche Werte ablehnt. Bereits wurden Rufe nach noch mehr Überwachung und einem verstärkten Kampf gegen die Ideologie laut – obwohl Grossbritannien bereits heute eines der härtesten Überwachungsgesetze kennt.

Sparpolitik

Als Reaktion auf die Finanzkrise spart die konservative Regierung seit 2010 rigide. Um öffentliche Ausgaben zu senken, wurde der Sozialstaat zurückgefahren. Die soziale Ungleichheit ist stark gestiegen, vor allem ärmere Bürger waren von den Massnahmen betroffen. Nach dem Brexit müssen die Sparschrauben wohl noch enger angezogen werden.

Gesundheitsversorgung 

Der National Health Service (NHS), das staatliche Gesundheitssystem, gehört zu Grossbritannien wie lauwarmes Bier. Doch er befindet sich in einer existenziellen Krise: Der Institution droht bis 2020 ein Defizit von bis zu 30 Milliarden Pfund.

Trump

Die «Special Relationship», die besondere Freundschaft zwischen Grossbritannien und den USA, wird zur Belastung voller Fragezeichen: Verzieht sich das Königreich im Schlepptau von US-Präsident Donald Trump (70) in die globale Isolation? Interessiert sich Trump überhaupt für engere Handelsbeziehungen mit den Briten? Und wie sollen die Geheimdienste der beiden Länder zusammenarbeiten, wenn der US-Präsident sogar vor den Russen Geheimnisse ausplaudert? 

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?