Oh Bella, ciao ciao ciao. Spöttisch trällern die Rechtspopulisten der Lega Nord das Volkslied zum Abschied von Matteo Renzi (41). Italiens Premierminister muss nach der Abstimmungsschlappe vom Sonntag den Hut nehmen (BLICK berichtete) – und die Populisten wittern Morgenluft.
Renzi geht, die Probleme bleiben. Lösungen sind nicht in Sicht. Schon gar nicht jetzt, wo Rom wieder einmal eine neue Regierung braucht. Zum 64. Mal in 71 Jahren. Dabei müsste das Land endlich die Ärmel hochkrempeln.
Italien schleppt sich seit vielen Jahren durch die Krise. Null Wachstum. Fast zwölf Prozent Arbeitslosigkeit. Über ein Drittel der Jugend hat keinen Job. Der Mittelstand stöhnt unter Steuerlasten, während sich korrupte Politiker und Beamte die Taschen vollstopfen.
Italiens Staatsverschuldung von gut 2,25 Billionen Euro macht 133 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Das toppt in der EU nur noch Griechenland mit 182 Prozent des BIP.
Der Staat ist blank – Italiens grösste Banken stehen gar vor dem Bankrott. Sie sitzen auf faulen Krediten in der Höhe von offiziell 360 bis 400 Milliarden Euro. «Inoffiziell sind es 600 bis 800 Milliarden Euro. Allein die drittgrösste Bank, die Monte Dei Paschi, hat faule Kredite von 50 Milliarden Euro in den Bilanzen», sagt der deutsche Finanz-Experte Ernst Wolff (65).
Diese am Tropf zu halten, kann sich Italien allein nicht leisten. Die EU muss helfen. Wolff weiss: «Die italienischen Banken sind viel zu sehr vernetzt mit anderen europäischen Banken.»
150'000 Flüchtlinge verharren in Italien. Die EU macht dicht.
Die EU aber fordert Reformen, die weh tun. Und das ist das nächste Problem. Mit der Verfassungsreform, also mit der Entmachtung des Senats im italienischen Parlament, hätte die Renzi-Regierung mehr Gesetze durchdrücken und so zum Beispiel den Kündigungsschutz aufweichen und den Niedriglohnsektor fördern können. Doch damit macht man sich beim Wahlvolk nicht beliebt. Die Antwort vieler Italiener am Sonntag daher: «No!»
Auch die europäische Migrationspolitik verärgert die Italiener. An die 190’000 Flüchtlinge kamen 2016 an Süditaliens Küsten an. Rund 150’000 Menschen sind derzeit in Hotspots (Erstaufnahmelager) oder in Asylbewerberheimen untergebracht. Da die EU die Grenzen schliesst, könnten die Flüchtlinge nicht wie von ihnen gewünscht weiterreisen, müssen auf unbestimmte Zeit in Italien verharren. Renzis Hilferufe an die EU wurden nie wirklich erhört.
Dafür wettern die Populisten umso lauter. Die rechte Lega Nord und die Fünf-Sterne-Bewegung von Komiker Beppe Grillo (68) sind sich einig: Die meisten Flüchtlinge hätten kein Recht auf Asyl. Müssten abgeschoben werden. Seien gefährlich. Und zu teuer.
Doch Lösungen bieten natürlich weder die Rechten noch die Spassmacher. Experte Ernst Wolff rechnet darum nicht mit einem Rechtsruck in der Führung des Landes. Er glaubt: «Es wird zu einer Technokraten-Regierung kommen.» Ohne Renzi, der in den nächsten Tagen offiziell als Premier zurücktreten wird und seine erste grosse Politikrise meistern muss.